Erbsenbär trifft Scheuchteufel

BRAUCHTUM Braunschweig ist Norddeutschlands Karnevalshochburg. Höhepunkt der Saison ist der Umzug, der am 6. März die Braunschweiger Innenstadt lahmlegen wird

Der Braunschweiger Karneval ist ein halbes Jahrhundert älter als die rheinische Fastnacht

VON DANIELA BARTH

Die Braunschweiger schlagen die Düsseldorfer in Sachen Karneval um Längen. Sagt jedenfalls Hans-Peter Richter, der Zugmarschall des Braunschweiger Karnevals. Immer am Sonntag vor Rosenmontag – in diesem Jahr also am 6. März –, zieht der Braunschweiger Karnevalsumzug zirka vier Stunden lang durch die Stadt. Mit sechseinhalb Kilometern Länge sei er der größte Karnevalsumzug jenseits des Rheins, sagt Richter. Und deutschlandweit der drittgrößte, nur getoppt von Mainz und Köln.

Mehr als 50 Musik- und Spielmannszüge defilieren zum Fastnachtstreiben durch Braunschweig. „Bis zu 4.000 aktive Karnevalisten“, zählt Richter, „und Zuschauer sind fast jedes Jahr mehr da als Braunschweig Einwohner hat.“ Erwartet werden in diesem Jahr 280.000 Faschingsbegeisterte.

Zu denen gehört auch Niedersachsens CDU-Ministerpräsident David McAllister. Der darf bei Zugmarschall Richter auf den Wagen, um Kamelle unters Volk zu bringen. Natürlich mit dem offiziellen Schlachtruf „Brunswiek Helau!“ „Alaaf“, sagt Zugmarschall Richter hinter vorgehaltener Hand, gelte als „schweres Verbrechen“.

Und dann sind da noch der Schoduvel (hochdeutsch: Scheuchteufel), der Wintergeist „Erbsenbär“ und der Frühling – letzterer in Gestalt einer aufblühenden jungen Schönheit. Dieses närrische Triumvirat des Fastnachtstreibens ist historischen Ursprungs und ein halbes Jahrhundert älter als die rheinische Fastnacht.

Mit Stolz blicken die Karnevalisten des Nordens auf die lange Karnevalstradition in ihrer Stadt. „Bereits im Jahre 1293 ist der Schoduvel im Braunschweiger Stadtbuch nachweisbar“, sagt Richter. Der Begriff „Schoduvel“ bezeichnet einen uralten Brauch, dessen Wurzeln in vorchristlicher Zeit zu suchen sind. Durch Lärm, Verkleidung und schreckhaftes Gebaren versuchte man, die bösen Geister der Kälte, des Todes und der Gefahr zu verscheuchen. So steht der Begriff „duvel“ für Teufel und „Scho“ für scheuchen. Und auch der Erbsenbär – bekleidet mit Erbsenstroh und Schreckensmaske – stammt aus jener Zeit.

In karnevalistischer Tradition nehmen viele Motivwagen die aktuelle Lokal- und Bundespolitik aufs Korn. Seit Jahren schon werden Themen wie das Atomendlager Asse, der VW-Übernahmeversuch von Porsche oder der Flughafenausbau in Braunschweig aufgegriffen.

Offizieller Veranstalter von Norddeutschlands größtem Umzug ist das Komitee Braunschweiger Karneval. Unterstützung kommt von der Stadt Braunschweig, die touristisch profitiert: Die Kassen der Gastronomen klingeln. Denn auch in der Löwenstadt wird an Karneval ausgetrunken.

6. März, Beginn 12.40 Uhr am Europaplatz, später in der Innenstadt