Dem Schelm geht es schlecht

TRAGIKOMÖDIE Die Romanverfilmung „Barney’s Version“ kreist um einen jüdischen Antihelden

Man muss sich Barney Panofsky als Schelm und hoffnungslosen Romantiker vorstellen. Der Protagonist von „Barney’s Version“ gleitet ohne viel eigenes Zutun durch sein Leben, so wie er auch in seine drei Ehen hineinschlittert. Zum ersten Mal heiratet Barney, von Paul Giamatti gespielt, in den 70er Jahren in Rom. Seine Freundin Clara Charnofsky (Rachelle Lefevre) ist schwanger. Doch das Kind ist nicht von ihm. Clara bringt sich nach der Geburt um. Das ist für Barney kein Grund, lange traurig zu sein, er geht zurück in seine Heimatstadt Montreal. Dort arbeitet er als Produzent von Soap Operas und heiratet ein weiteres Mal. Am Tag der Hochzeitsfeier verliebt er sich erneut, in Miriam (Rosamund Pike).

Doch sein Schelmendasein wird ihm zum Verhängnis, aus der Komödie wird eine Tragödie. Barney altert, die Leichtigkeit kommt ihm abhanden, und auch der Film verändert seinen Tonfall. Aus dem Schelm Barney wird ein egozentrischer Alkoholiker. Am Ende steht er vor den Trümmern seines Lebens, ist krank und allein.

„Barney’s Version“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Mordecai Richlers. Während der Roman sich mehr auf Barneys Alzheimererkrankung und das jüdische Leben in Montreal konzentriert, folgt Richard J. Lewis’ Film stärker der biografisch-linearen Erzählung von Barneys Leben, von den 70er Jahren bis in die Jetztzeit. Trotzdem scheint „Barney’s Version“ niemals in der Gegenwart anzukommen. Das liegt vielleicht daran, dass Lewis sich stilistisch und ästhetisch an Filmen wie Sidney Pollacks „The Way We Were“ (1973) anlehnt, wenn er ein ganzes Leben umspannt.

Stoff für eine Miniserie

„Barney’s Version“ ist der erste Spielfilm des Fernseh- und Serienregisseurs Lewis. Es bräuchte mindestens eine Miniserie, um alles, was in den Film hineindrängt, zu erfassen. Lewis rast durch die einzelnen Szenen und vernachlässigt schlüssige Erklärungen in den Entwicklungen der einzelnen Figuren. Doch die Besetzung gleicht kleine Schwächen des Films aus: Vor allem Paul Giametti ist perfekt als impulsiver, zigarrenrauchender jüdischer Antiheld Barney. Minnie Driver gibt eine großartige, überspannte zweite Ehefrau, und auch Dustin Hoffman als Barneys Vater Izzy, Montreals einziger jüdischer Polizist, macht eine gute Figur.

„Barneys’s Version“ ist ein sentimentaler Film, aber das ist nur passend für einen sentimentalen und aus der Zeit gefallen Antihelden. NINA SCHOLZ

■ „Barney’s Version“. Regie: Richard J. Lewis. Mit Paul Giamatti, Dustin Hoffman u. a. Kanada/ Italien 2010, 134 Min.