WOLLUST IN WUHLHORST
: Die Kajaktour

„Hier möchte ich leben!“, rief ich

Ich war schon so oft Kajak fahren in Erkner, dass ich mich mittlerweile ganz gut dort auskenne. Das heißt, ich kenne die Orte, die mich in dieser C-Zone der BVG interessieren. Bootsverleih, Dämeritzsee, Gosener Graben, Seddinsee, Müggelspree und, ganz wichtig, das Gartenlokal am Wasser, in dem jeder Ausflug endet. Den Namen nenne ich jetzt nicht. Immer öfter ist das entzückende Lokal so voll, dass ich befürchte, ich habe ihn schon zu oft hinausposaunt. Bei der letzten Tour habe ich eine Ecke in Erkner entdeckt, die ich noch nicht kannte. Ich war mit Uta unterwegs, einer Freundin, die beim Humor und Schandmaul auf einer ähnlichen Wellenlänge liegt wie ich. Folglich ist sie immer gut im Bilde, was bei mir los ist. Bei unserer ersten gemeinsamen Kajaktour war sie prompt ins Wasser gefallen. Aber das hielt sie nicht davon ab, ein zweites Mal mitzukommen.

Wir paddelten durch die Müggelspree und gingen an einer kleinen Badestelle an Land. Dort fanden wir ein wahres Paradies: Wiesen, Wälder, Weite, Stille, strahlend blauer Himmel, kecke Schäfchenwolken. Störend waren einzig ein frei laufender Kampfhund und tätowierte Männerwaden dazu. Die Neugierde trieb uns zu den Häusern hinter einem Wäldchen. Barfuß liefen wir auf heißem Asphalt durch eine Wohngegend, in der sich Nett und Spießig die Waage hielten. Wir quetschten uns in die Rutsche auf dem Spielplatz, dann blieben wir vor einer zerfallenen Scheune stehen. Die hatte, im Unterschied zu den Eigenheimen, eine Vergangenheit. Das erinnerte mich an den schönen Spruch von den alten Scheunen, die besser brennen.

Ich warf einen Blick auf das Straßenschild und brach in Lachen aus. „Hier möchte ich leben!“, rief ich. Ich hatte „Wollust“ gelesen. Uta schaute mich entgeistert an. „Da steht Wuhlhorst, du Horst“, sagte sie. Sie wusste, an wen ich gedacht hatte beim Lesen. BARBARA BOLLWAHN