FESTIVAL-GERÜCHTE
: Ja, sie ist tot

„Die eine da, mit der Vogelnestfrisur … äh, na … Amy Winehouse.“ Die soll also tot sein, krass. Oder eigentlich auch nicht krass, das zeichnete sich ja ab. Aber so richtig sicher weiß die Frau, die vor Kurzem von einer zweijährigen Weltreise zurückgekehrt ist, seitdem in Hamburg Party nachholt, wo es aber nur „miesen B-Sound“ gibt, und die heute nur Speed und MDMA genommen hat, das mit Amy nun auch nicht. „Vielleicht auch nur so ’n dummes Partygerücht.“

Könnte aber passen, denn vorher hörte ich im Halbschlaf schon Leute im Nachbarzelt über so was reden, konnte da aber auch nicht ausmachen, ob es um Winehouse, Madonna oder Lady Gaga ging.

Wenn man Mitte 2011 immer noch kein Smartphone hat, ist eine Reise auf ein Festival immer auch eine Reise ins Informationsloch, selbst wenn es nur zum Anderthalbtage-Rave „Nation of Gondwana“, irgendwo in the Middle of Havelland, ist. Auf einmal spielt Verbalkommunikation wieder eine große Rolle. „Hast du auch …?“ „Nee, echt?“ „Die?“ Aber wem kann man glauben? Wo kommt die Info her?

Auch meine Mitfahrerin hat irgendeine SMS zu Winehouse bekommen. Kann aber nicht nachschauen, der Akku ist fast alle. Erst am Sonntagmittag die Gewissheit: Ja, sie ist tot.

Ich muss an den Tag denken, als Michael Jackson starb. Ich war beim Promoevent eines Trendkaugummiherstellers im „Weekend“, und plötzlich waberte dieses Jackson-Gerücht über die Dachterrasse. Bei der direkt anschließenden Fusion 2009 kam es zu spontanen Gedenk-Moonwalk-Flashmobs. 2011 hingegen gibt es keine Winehouse-Samples in den DJ-Sets, keiner hat für Amy an der kleinen Gedenkstätte für Gianni Vitiello, einem anderen zu früh Verstorbenen, Blumen hinterlegt. MICHAEL BRAKE