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KUNST Militärische Muster der Unterhaltungsindustrie: Bettina Allamoda stellte bei b_books ihre Publikation „Catwalk to History. A Sourcebook“ vor

Es ist ein Merkmal von Bettina Allamodas künstlerischem Werk, dass es sich ohne die Erzählungen der Künstlerin nur unvollkommen erschließt. Die Quellen der Recherche und der Weg zum Objekt sind bei ihr genauso elementar wie das verwendete Material selbst. Ihre im weitesten Sinne bildende Kunst entfaltet ihre ganze Wirkung in dem Moment, in dem man den Link zwischen Ergebnis und Quelle hat. Das mag ein Grund sein, warum sich Allamoda entschlossen hat, ein „Sourcebook“, ein Quellenbuch, vorzulegen.

„Catwalk to History – A Sourcebook“ ist ist weder Bildband noch vollständige Bestandsaufnahme und formell eher am Magazin als am Bildband angelehnt. Elf Arbeitszyklen werden hier nicht nur bildlich dokumentiert, sondern unter anderem auch von Wegbegleitern wie den Kunstkritikern Katrin Bettina Müller (taz, tip), Jan Kedves (Spex) und Jörg Heiser (frieze) eingeordnet.

Im Kreuzberger Buchladen „b_books“ gab es am Montag die doppelte Gelegenheit, sich einen Überblick über den Arbeitsprozess von Allamoda zu verschaffen, denn die in Chicago geborene, aber seit langer Zeit in Berlin lebende und arbeitende Künstlerin stellte das Buch selbst vor.

Allamoda berichtete unter anderem von ihrer Zeit in Paris, wo sie die Couture-Schauen besuchte. Daraus entstand 2001 der Zyklus „ready to wear/colonial“, in dem sie ästhetische Elemente aus Fashionshows mit dem kolonialen Erbe der Orte verbindet, an denen dieses Shows stattfanden.

Vor dem Hintergrund historischer Gebäude entstanden „Ich-Collagen“, wie Allamoda sie selbst bezeichnet, in denen die Grenzen von Architektur, Ready-Made, Bildhauerei, Performance und Film verwischt werden und durch die sie neue Bedeutungs- und Erklärungsebenen entstehen lässt. Diese Abstraktion konkreter politischer Absichten in ihren Arbeiten ist es, die die geeignete künstlerische Antwort auf die Faszination gibt, die kulturelle Phänomene wie Design, Architektur, Mode ausüben.

Ihre aktuellen Arbeiten „No Go – The Exorcist Revisted“ basiert auf dem Film „Der Exorzist“ (USA, 1973). Im Rahmen ihrer Recherche stieß sie auf Soldaten der U.S. Army, die den Film sahen und dabei entdeckten, dass sie just an eben der Kulturstätte im Irak stationiert waren, wo der Film seinen Anfang nimmt. Die scheinbar nebensächliche Verlinkung von Militär und Spielfilm rückt Allamoda nun in den Mittelpunkt. Ihr seien immer mehr ästhetische Verbindungen aufgefallen, erklärt sie.

So entstand mittlerweile eine ganze Reihe von Ausstellungsobjekten, die bis zur Reißgrenze gespannte Lycrastoffe mit Metalobjekten kombinieren und den Betrachter durch ihre Fragilität, durch ihre temporäre Gespanntheit faszinieren können und deren Bedeutung das „Sourcebook“ vielschichtig erschließt.

NINA SCHOLZ

■ Bettina Allamoda: „Catwalk to History. A Sourcebook“. Revolver Verlag, Berlin 2011, 136 Seiten, ca. 80 Abb., 25 Euro