Teutonischer Klatsch mit Gästen

TECHNO Funktioniert auch in der Dorfdisco: „Monkeytown“, das neue Album der Berliner Band Modeselektor, ist zusammen mit prominenten Musikfreunden entstanden. Denn alleine fehlt es dem Duo etwas an Grandezza

Was Modeselektor für eine Karriere hingelegt haben, ist ohnehin verblüffend

VON THOMAS WINKLER

Der britische König der Melancholiker, die Berliner Wuchtbrumme, ein schräger Rapper aus Los Angeles, ein US-amerikanischer Beatschmied mit Wurzeln im deutschen Adel und der lang gediente Sandkastenkumpel: Das ist mal eine, sagen wir es so, heterogene Gästeliste. Bei der Party möchte man dabei sein. Bei der Party darf man auch dabei sein. Sie findet statt auf „Monkeytown“, dem neuen Album von Modeselektor. Mit dabei sind Thom Yorke, Miss Platnum, Busdriver, Otto von Schirach und natürlich, weil er eigentlich immer dabei ist, Apparat.

Was Sebastian Szary und Gernot Bronsert alias Modeselektor für eine Karriere hingelegt haben, seit sie sich 1996 zu Modeselektor zusammengetan haben, ist ohnehin verblüffend. So viel Schweiß floss, wenn die beiden Berliner DJs auf Reisen um die Welt gingen und Platten auflegten, dass Björk sich von ihnen Remixe anfertigen ließ. Zum allergrößten, allerprominentesten Fan aber wurde Thom Yorke, und der lud sie immerhin schon ein, für seine erfolgreiche Band Radiohead als Einheizer mit auf Tournee zu gehen.

Erstaunlich geschmeidig

Diese erstaunliche Geschmeidigkeit demonstrieren Modeselektor auch auf „Monkeytown“. Wenn Yorke ein „Shipwreck“ besingt, dann tuckern die von Szary und Bronsert programmierten Beats zwar etwas schneller als bei Radiohead, aber rekapitulieren erfolgreich deren deprimierende Schluffigkeit. Wenn sie Otto von Schirach zum Singen bitten, dann geben sie sich einerseits Mühe, dessen anspruchsvolle Beat-Arbeit zumindest in Ansätzen nachzustellen, andererseits aber lassen sie es immer noch ausreichend knallen, dass man dann doch dazu tanzen könnte. Für „Berlin“ adaptieren sie die international gültigen R&B-Klischees, aber machen dann doch kurz davor halt, Miss Platnum in Beyonce Knowles zu verwandeln.

Kurz: Modeselektor gelingt es, die Stärken ihrer Gäste erst herauszuarbeiten und dann die damit einhergehenden Erwartungshaltungen nicht unbedingt zu enttäuschen, aber so geschickt zu verschieben, dass sie prima in einen halbwegs angesagten Großstadtclub passen könnten, aber auch in der Dorfdisco ganz gut funktionieren. Das dabei entstehende und nicht immer aufgelöste Spannungsverhältnis ist schlussendlich das Großartige an „Monkeytown“.

Diese Spannungsverhältnis fehlt allerdings, wenn Szary und Bronsert ganz allein die Bühne übernehmen. In „Grillwalker“ zischen zwar schicke Vocal-Samples über satte Beats, in „German Clap“ packen sie alle dramaturgischen Tricks, die ein abgebrühter DJ kennt, aber doch klingen diese Tracks immer etwas blutleer, wie abgezirkelt. Denn dann kann man hören, vielleicht zu deutlich hören, wie erfahren die beiden sind, dass sie in den letzten anderthalb Jahrzehnten jeden verfügbaren Club zum Kochen gebracht haben. Diese Party lässt sich aber nicht so einfach in Konserven verpacken. Da ist es doch besser, wenn man sich ein paar Gäste einlädt.

■ Modeselektor: „Monkeytown“ (Monkeytown Records/RTD). Plattentaufe am Donnerstag im Astra