Sie hatte diesen Rumms

QUIETSCHFAKTOR Zwischen subtilem Pop und kaputtem Rock: Im Kreuzberger Monarch machten Bachelorette und Buke and Gass den Abend rund

Ein Pult, ein Laptop, ein Mischer, mehrere Loop-Sampler, eine Videoprojektion, eine Frau in Blau und eine Gitarre. Bachelorette, also Junggesellin, so nennt sich Annabel Alpers aus Neuseeland, und an diesem vorwinterlichen Mittwochabend in der Monarch Bar am Kottbusser Tor macht sie ihrem Künstlernamen alle Ehre.

Sie ist ganz allein da. Und ein Konzert in einer Bar ist auch so schon eine schwierige Angelegenheit. Das Rauchen wurde untersagt, also gingen immer wieder Leute raus, um im Treppenhaus ihrer Leidenschaft zu frönen; einige waren gar nicht wegen der Musik gekommen und unterhielten sich lieber. Aber Bachelorette meisterte die Situation – durch Lautstärke und ihre eigene, angenehme, weil zurückgenommene Präsenz: eine Frau in Blau, also in einem blauen Kleid, mit einer Stimme, der man ihre Adoleszenz anhört, mit einer damenhaften Art und mit ihren Maschinen und Instrumenten als Verlängerung ihres musikalischen Selbst vor sich.

Annabel Alpers macht, wenn man so möchte, subtile Popmusik. Das entscheidende Instrument dabei ist der Loop-Sampler oder das Loop-Pedal. Während also die zuweilen absichtlich billig klingenden Beats aus dem Rechner mit dem überklebten Apfel kommen, singt und spielt Bachelorette Parts ein, die beiläufig wiederholt werden; man kennt das inzwischen zur Genüge, auch in Kombination mit dem Gesang einer einzelnen Frau. Laptop-Pop, Indietronik, you name it. Neu geht also eigentlich anders. Was Bachelorette allerdings ausmacht, ist die latente Melancholie und dieses gewisse Enya-Gefühl, das sich durch die vielschichtigen Gesangsschleifen aufbaut, nur um kurz vor der Schmerzgrenze in billigsten Eighties-Beatbox-Trommelwirbeln aufgelöst zu werden. Bei aller Mellowness: Die Frau hat Humor! Wenn sie jetzt noch die Traute zum richtigen Rumms hätte, also zu Beats, die auch mal Großraumdisko denken und nicht in der Wohnzimmerelektronik verharren würden, könnte das richtig hitparadenkompatibel werden. Aber man ist ja nicht als PR-Agent da. Und Bachelorette ist auch nicht der neuseeländische Konkurrenzentwurf zu Kylie Minogue.

Außerdem macht Bachelorette auch so den Abend rund, mit Stücken über Städte, Androide, Systeme und Wolldecken; mit Videoanimationen, die zwischen Bildschirmschoner und Seismografik changieren, und eben mit ihrer charmanten Subtilität. Ihr neuestes, insgesamt drittes Album, das sie nonchalant nach sich selbst benannt hat, ist ein schönes Werk im Fach Autobahnmusik. Live klingt das alles sogar noch etwas voller, breiter, direkter.

Ein etwas anderes Konzept präsentierte sich im Anschluss: Buke And Gass aus New York, ein junges Paar mit Quietschfaktor, einer verzerrt verstärkten Kindergitarre, einem Bass und einer Fußtrommel. Wo Bachelorette also subtile Popmusik machte, wurde hier die kaputte Version von so etwas wie Rock dargeboten. Sängerin Arone Dyer, die ihre Schrammelgitarre selbst gebaut hat, klang dabei wie Karen O auf Entzug, also leider oft mit dem Hang zu hysterisch hohen Tönen. Ansonsten klang es, als ob Buke And Gass eine Menge Hardcore-Platten konsumiert haben, dann aber via Yeah Yeah Yeahs zurück in ein noch gerade so akzeptables Rockformat zu gelangen versuchen. Und umgekehrt. Oder nach Doo Rag ohne Blues. Oder nach Victims Family ohne Jazz. Oder einfach auch so: Buke And Gass machen sehr breaklastige, oft unnötig kompliziert gebaute Kreisch- und Krachmusik, die zum Beispiel Bachelorette aber in einem entscheidenden Punkt voraus war: Sie hatte diesen Rumms. RENÉ HAMANN