NIKOLAUS MUSS WEG
: Das Komplott

Sie gießt den Teppich mit Tee und sagt: Alles nass geworden

Und wenn du den ollen Nikolaus einfach von ihr ertränken lässt, wo sie doch gerade so gerne mit Wasser spielt?, frage ich meine Freundin M. Sie schaut mich frohlockend an und ist begeistert von dem Vorschlag, das Lieblingsspielzeug ihrer Tochter von ihr selbst zerstören zu lassen. Der olle Nikolaus ist gänzlich aus Plastik und vollautomatisch. Ein sehr schönes Produkt, hergestellt in China.

Nur leider spielt der Nikolaus Schlagzeug und singt dazu „Merry Christmas“ im Loop – und das mit blickenden Lichtern. M.s Tochter hat ihn mir bereits mehrmals vorgeführt. Weil er so schön Krach macht und bunt leuchtet. Und weil die Mama das Teil so gar nicht mag. Das natürlich entfernte Verwandte zu Weihnachten geschenkt haben. Klar – die, die eben ein bisschen anders sind. Obwohl M. ihn immer zuhinterst auf dem obersten Regalbrett des Büchergestells versorgt, hat die Tochter den Nikolaus mit Band auch im Februar noch nicht vergessen und lässt nicht locker, bis sie ihn bekommt.

Ja, meine ich nochmals zu M., warum nicht auch dem Nikolaus mal ein Bad gönnen? Ja, warum eigentlich nicht, grinst M. verschmitzt und blickt zu ihrer Tochter, die gerade fröhlich den Wohnzimmerteppich mit Tee gießt und daraufhin mit dem Stolz einer Einjährigen sagt: Alles nass geworden. Kinder müssen das doch lernen, sage ich ermutigend, mit Verlusten umgehen und so. Ja, meint M., da hast du allerdings recht, das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert. Nein, ist es wahrlich nicht.

Wir beobachten die Kleine, wie sie liebevoll einem anderen Kind ein Stück Apfel reicht und danach stolz zu uns blickt. Es wäre allerdings Mord, gibt da M. zu bedenken. Da muss ich ihr zustimmen. Und denke an meine eigene Mutter, wie sie meine Schwester stolz lobte, als diese eines Tages ihrer Barbiepuppe die dürren, unanständig langen Beine absägte. GINA BUCHER