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: Der Voyeur

„Hollywood Fling – Diary of a Serial Killer“. Regie: Eckhart Schmidt. Mit Daphney Rose, Jasna Novosel u. a. USA 2010

Sie begannen mit ähnlichen Ambitionen, in den frühen sechziger Jahren, in München; sie drehten gemeinsam erste Kurzfilme, halfen sich gegenseitig aus, wurden Filmregisseure, weil sie es unbedingt werden wollten und weil sie Hawks und ein paar andere Hollywoodfilmemacher verehrten. Mit Oberhausen, dem Manifest zum Aufbruch des Neuen Deutschen Films, mit dem Avantgardeversprechen, das sich der deutsche Film in diesem Manifest gab, hatten sie wenig am Hut. Die drei, das waren Rudolf Thome, Klaus Lemke und Eckhardt Schmidt. Sie alle hatten frühe Erfolge, gerieten ins Abseits, machten aber, jeder auf seine Art, weiter.

Thome ist heute sein eigenes Genre, sein neuester Film „Ins Blaue“ eine sehr persönliche Reflexion aufs Filmemachen; der letzte Woche verstorbene Vadim Glowna spielt einen Regisseur, der den ersten Film seiner Tochter produziert, mit bitteren Folgen. Die Berlinale wollte „Ins Blaue“ nicht haben, aber Festivallieblinge waren die drei sowieso nie. Lemke hat vor ein paar Jahren mit einem Protestplakat beim Münchner Filmfest seinen Ärger darüber zum Ausdruck gebracht, dass sein jüngster Film da nicht lief. Heute dreht er in Berlin, rotzt gegen Staatsknete und Filmförderung und improvisiert mit sehr jungen Männern und Frauen.

Bleibt Eckhart Schmidt. Sein bekanntester Film ist „Der Fan“, 1982 ein mittlerer Skandal, weil darin Desirée Nosbusch einen von ihr abgöttisch verehrten Neue-Deutsche-Welle-Star zerstückelte und verspeiste. Bis 2003 war „Der Fan“ indiziert. Eckhart Schmidt, der nebenbei bei Joachim Fuchsbergers Show „Auf Los geht’s los“ Produktionsleiter war, erhielt 1991 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Zur Respektabilität hat er sich dadurch aber erfreulicherweise nicht dauerhaft genötigt gesehen. Nach ein paar Opernfilmen verlegte sich Schmidt auf Dokus, verkündete, nie wieder einen Spielfilm zu drehen, und ist mit niedrigst budgetierten Digitalwerken doch wieder auf der Bildfläche erschienen.

„Hollywood Fling“ hat er unter dem ambitionierten Pseudonym Raoul Sternberg gedreht. Der Icherzähler ist ein Serienkiller, der schöne junge Frauen auf den Straßen von Hollywood aufliest und im Motelzimmer mit dem Kissen erstickt. Die meiste Zeit folgt die billige Flip-Kamera den Frauen auf dem Walk of Fame der Hollywoodstars, es spricht nur der Mörder, der auch mal Dante auf Italienisch zitiert. Ein spekulativer Film, der das voyeuristische Begehren des Filmemachers als alter Mann so sehr reflektiert, wie er ihm in ausgedehnten Nacktszenen nachgibt. Absolut nichts für die Festivals, die Kritik oder den Mainstream. Stellt man aber die je eigenen Dinge, die Lemke und Thome und Schmidt drehen, gegen Kitsch wie „Pina“, mit dem der andere Münchner, Wim Wenders, zur Zeit reüssiert, dann sind die drei doch allemal und immer noch und wieder und wieder die spannenderen Filmemacher ihrer Generation. EKKEHARD KNÖRER