Krachts Buch "Imperium" rassistisch?: Türsteher der rechten Gedanken

Christian Kracht trägt laut "Spiegel" eine rassistische Weltsicht zur Schau. Sein Verlag behauptet jetzt, man wolle seinen Autor aus "der deutschsprachigen Literatur ausgrenzen".

Verehrt möglicherweise nur seinen einzigartigen, wohlgeborenen, männlich-weißen Bauchnabel: Christian Kracht. Bild: Frauke Finsterwalder/Kiepenheuer & Witsch

Christian Kracht hat ein neues Buch geschrieben, "Imperium". Zum Wochenende trafen die ersten Kritiken ein. "Ganz und gar meisterhaft", "entspannt und lustvoll", schrieben Die Zeit und FAZ. "Lächerliches, gehobenes Spießertum", urteilte der Autor dieser Zeilen in der taz. Soweit nichts Besonderes, die Feuilleton-Fronten schienen an nicht ganz unerwarteten Linien abgesteckt.

Doch dann erschien zu Wochenbeginn im Spiegel ein Artikel von Georg Diez: "Die Methode Kracht". Diez behauptet, Krachts "Imperium" sei "von Anfang an durchdrungen von einer rassistischen Weltsicht".

Er hält Krachts Spiel mit dem kolonialen Blick des ausgehenden 19. Jahrhunderts also nicht nur für literarisch misslungen. Er unterstellt ihm eine konsequent rechte Gesinnung: "An seinem Beispiel kann man sehen, wie antimodernes, demokratiefeindliches, totalitäres Denken seinen Weg findet hinein in den Mainstream." Kracht sei "der Türsteher der rechten Gedanken".

Dagegen verwahrt sich nun seinerseits sein Verlag Kiepenheuer & Witsch. Am Montagnachmittag ließ er verbreiten, der Spiegel-Artikel sprenge "die Grenzen der Literaturkritik". Mit "atemberaubenden Verdrehungen" werde der Versuch unternommen, Kracht "aus dem Kosmos der deutschsprachigen Literatur" auszugrenzen. "Imperium", so der Kölner Verlag, sei von einer Vielzahl von Autoren und Journalisten hoch gelobt worden. "Niemand hat auch nur ansatzweise einen Zusammenhang zu Rassismus und totalitärem Denken darin gefunden." Niemand, wirklich? Das ist allerdings bedenklich.

Denn was soll an den subjektlos dargestellten Eingeborenen in "Imperium" lustig sein? Wenn es eine Parodie auf die damaligen Verhältnisse sein soll, ist sie literarisch in jedem Fall gründlich misslungen. Und das hätte auch schon im Verlag jemandem auffallen können, als noch Zeit gewesen wäre, den Schriftsteller handwerklich zu unterstützen.

Jetzt ist es draußen. Und Diez nutzt die offenkundigen literarischen Schwächen, um Kracht insgesamt politisch zu vereindeutigen. Kracht habe sich, wie die Schriftwechsel zwischen ihm und David Woodard belegen, in bejahender Weise mit Leuten aus der rechten Szene eingelassen. Woodard, ein Verehrer des Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh, spinne wie Kracht an einem ästhetisch-rechtsextremen Projekt.

Diez glaubt über die Woodard-Korrespondenz den tieferen Sinn von "Imperium" herauslesen zu können. Aber will Kracht wirklich auf ein "arisches Arkadien" hinaus? Oder handelt es sich hier um das Buch eines bislang überschätzten deutschen Solitärs? Einen, der gerne verreist und darüber gerne schreibt. Einen, der statt Hitler viel eher seinen einzigartigen, wohlgeborenen, männlich-weißen Bauchnabel verehrt. Wie der ein oder andere Kritiker eben auch.

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