Nachruf Thomas Langhoff: Symbol für die Freiheit

Jenseits der 40 erlebte Thomas Langhoff einen kometenhaften Aufstieg als Theaterregisseur. Am Samstag ist er nach langer Krankheit in Berlin gestorben.

In seiner Kunst wie im Leben konnte er mit großer Zugewandtheit entwaffnen: Thomas Langhoff. Bild: dpa

Mancher Satz, der einem an der Wiege gesungen wird, kann zum Lebensthema werden. "Liebe Renate! Vor vier Jahren haben wir uns den Wolfgang Langhoff wieder erkämpft. Jetzt hast Du dem Wolfgang und uns den Thomas geschenkt. Soll er ein gesundes, kräftiges Symbol sein für die Freiheit und glückliche Zukunft, die wir uns alle wiedererobern wollen."

Das schrieb aus dem US-Exil der Schauspieler Alexander Granach zur Geburt von Thomas Langhoff am 8. April 1938 nach Zürich. Dorthin waren dessen Eltern vor den Nazis geflohen. Thomas Vater, der Schauspieler Wolfgang Langhoff, verfasste über seine KZ-Haft 1935 den weltberühmten Bericht "Die Moorsoldaten". Das Buch hatte Wolfgang Langhoff zum Symbol mit mythischen Dimensionen werden lassen.

Und so dauerte es lange, bis Thomas Langhoff aus dem Schatten des übermächtigen Vaters trat. Aufgewachsen war er zwischen Giganten wie Bertolt Brecht, von dem Thomas Langhoff als Jugendlicher seine erste Jeans geschenkt bekam.

Nach einer Ausbildung an der Leipziger Hochschule hatte Thomas Langhoff seine Schauspiellaufbahn in der sächsischen Kleinstadt Borna begonnen. Engagements in Brandenburg und in Potsdam folgten. In Potsdam debütierte Thomas Langhoff 1964 auch als Regisseur. Trotzdem sollten 15 Jahre vergehen, bis er – inzwischen jenseits der 40 – erneut auf dem Theater zu inszenieren begann.

Dann aber war sein Aufstieg kometenhaft. Mit einer Inszenierung von Tschechows "Drei Schwestern" am Berliner Maxim Gorki Theater wurde Langhoff 1979 zum Regiestar. Seine Arbeiten trafen mit ihrem zarten, kaum spürbaren Ton der Resignation mitten ins Herz des Zeitgeists in der späten DDR. Bald inszenierte Langhoff auch als prominenter Gast in der alten BRD.

Im wiedervereinigten Berlin wurde Langhoff 1991 Intendant des Deutschen Theaters. Er entdeckte Thomas Ostermeier und Jens Hillje, denen er 1996 die Leitung der "Baracke", einer kleinen Nebenspielstätte des Deutschen Theaters, anvertraute. Hier wurden junge britische Autoren wie Sarah Kane durchgesetzt.

Nach dem Ende seiner Intendanz im Jahr 2001 arbeitete Langhoff als Opern- und Schauspielregisseur. Bereits seit 1994 stand er als Direktor der Sektion Darstellende Kunst der Berliner Akademie der Künste vor. Ideologien und dogmatische Kunstauffassungen waren ihm ebenso fremd wie die Idee, es könne ein falsches Theater im richtigen geben.

In seiner Kunst wie im Leben konnte er mit großer Zugewandtheit entwaffnen. Seine letzten Inszenierungen waren von einem zärtlichen Blick auf den Menschen und sein Unglück geprägt. Am Samstag ist Thomas Langhoff nach langer Krankheit in Berlin gestorben.

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