Nada Surf mit neuem Album: Sicher surfen durch die Identitätskrise

Mit "The Stars Are Indifferent To Astronomy" veröffentlichen Nada Surf ihr siebtes Studioalbum. Es ist behaglich-melancholisch, aber keineswegs depressiv.

Nada Surf hat den zweifelnden Blick auf die Welt kultiviert. Bild: Promo

"Ich bin ein manisch Depressiver ohne Depression", soll Matthew Caws mal gesagt haben. Was nach aufgesetztem Selbstmitleid klingen könnte, wirkt beim Nada-Surf-Frontmann aber wie ein liebenswertes Bekenntnis: Seit jeher scheint der New Yorker sich und seine Texte sicher durch alltägliche Identitätskrisen zu manövrieren. An Tiefe hat es ihm dabei in den letzten 20 Jahren nie gemangelt.

Pünktlich zum Jubiläum ist nun das siebte Studioalbum "The Stars Are Indifferent To Astronomy" beim Berliner Label Cityslang erschienen. Es ist ein druckvolles Rockalbum geworden, das eigentlich besser zu warm ausgestrahlten Sommerabenden passt, als in den derzeitigen Schneeregenmatsch.

Sicher ist es auch der laut Caws klaren Vorgabe geschuldet, die in zwei Jahrzehnten quer über den Globus angehäufte Konzerterfahrung mit ins Studio zu nehmen. Aufgezeichnet wurde das Album im Brooklyner Loft von Bassist Daniel Lorca.

25. 2. München - "Backstage", 26. 2. Berlin - "Huxleys" 27. 2. Hamburg - "Markthalle", 28. 2. Köln - "Live Music Hall"

Erstmalig seit dem Debüt "High Low" 1996 ("Popular") kehrten Nada Surf damit zur Aufnahme nach New York zurück. Das Trio um Caws, Lorca und Drummer Ira Elliot wurde um den Gitarristen Doug Gillard (Guided by Voices) erweitert und mit Chris Shaw (Bob Dylan, Wilco, Super Furry Animals) eine helfende Hand am Mischpult gefunden.

Lebensnahe Philosophie

Die behaglichen Rahmenbedingungen merkt man "The Stars Are Indifferent To Astronomy" auch an. Sänger Caws hat sie mit den Worten "making this album was the most fun weve had with a record" umschrieben. Es geht knackig mit "Clear Eye Clouded Mind" los. Nach dem melodisch ausgereiften, fixen Gitarrentrack folgt das introspektive "Waiting for something" - thematisch einer der zentralen Songs des Albums. Seicht, hymnisch und mit Popschlagseite kommt der Song daher und knüpft an die lebensnahe Philosophie ihres Erfolgsalbums "Let Go" von 2002 an.

Damals wurde die unaufgeregte Band endgültig zur relevanten Stimme einer von Selbstzweifeln angefressenen Indie-Generation jenseits der zwanzig. Weit bevor beispielweise der Songwriter Gisbert zu Knyphausen die Massen mit seiner ausgefeilten Melancholie abholte, sang Matthew Caws unschlagbar treffend: " All I am is a body floating down-wind / Whats wrong? / Nothing / Are you sure nothings wrong? / Yeah / But youre sad about something / Yeah / So tell me what / I dont know / I cant tell you."

Damit war alles gesagt. Heute ist daraus ein selbstverständliches Stadium des Wartens ("It always feels like waiting für something"), ein bewusst-kritisches Erwachsensein geworden. Nicht ohne den weisen - auch musikalisch ausgereiften - letztlich romantischen Ton zu treffen, den die New Yorker seit jeher spielerisch beherrschen.

Genau dies versöhnt beim aktuellen Album einen wehmütigen Rückblick ("Its never too late for teenage dreams") auf das Erlebte mit der stetig hinterfragten Hoffnung auf die Zukunft: "Every birthday candle / that ever got blown out / is one more year / of someone trying / to figure it all out." Diese Geschichte erzählen das zunächst folkysongwritermäßige "When I was Young" und der Song "Teenage Dreams", bevor die gesammelte kräftige Poesie von "The Stars Are Indifferent to Astronomy" im letzten melodischen Harmonienkreisel mit "The Future" verebbt.

Herausgekommen ist ein kleines Konzeptalbum über die Zeit: hemdsärmelig, erdig im Klang - eigentlich der perfekte Soundtrack zum Autofahren übers Land. Der 44-jährige Matthew Caws hat seine "Depression" weiterhin ganz gut im Griff und letztlich ein Versprechen erneuert, dass er und seine Kollegen schon vor zehn Jahren mit "Let Go" gaben: "Im just a happy kid / stuck with the heart of a sad pun".

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