Ljodahått CD-Release Konzert in Berlin: Finde die Form deines Schiffsbruchs

Zu norwegischer Lyrik fällt den meisten außer Knut Hamsun und Henrik Ibsen nicht viel ein. Dabei ist das Bandprojekt Ljodahått ein herrliches Himmelfahrtskommando.

11 Überlebende, unaufgeregt lässig und mit viel Spaß und großem Können bei der Sache: Ljodahått CD-Release Konzert in der Volksbühne. Bild: Paul Pistorius

Eine CD-Release Party des Bandprojekts Ljodahått, mit dreizehn Vertonungen norwegischer Lyrik von Tarjej Vesaas bis Henrik Ibsen, auf der großen Bühne der Berliner Volksbühne - ein Himmelfahrtskommando. Zu norwegischer Lyrik fällt all jenen, die nicht Skandinavisik studiert haben, außer Knut Hamsun und Ibsen nicht allzu viel ein - da mag die CD noch so liebevoll aufwändig gestaltet sein.

„Aber träum deinen Traum“, zitieren die zehn Bandmitglieder um Leader Magne Harvard Brekke herum den ganzen Konzertabend am Mittwoch immer wieder. Nach dem Gedicht von Hans Borli ist dies das Motto des Abends:

„Aber träum deinen Traum. / Das ist das Einzige / was deine Augen schützt / vor allzu nackten Wahrheiten: / Der Traum ist blühendes Heidekraut das über die Felszeichnungen des Todes auf dem Ur-Gestein deiner Seele wächst.“

Und so sind die elf Männer in schwarzer Kleidung und Melone auch keineswegs verzagt, dass der große Theatersaal mit gerade mal 50 Leuten gefüllt ist. Man hätte ihnen tausende gewünscht, denn sie geben ein erstklassiges Konzert - die Musiker wechseln die Instrumente untereinander und neben den Klassikern Klavier, Cello, Saxofon, Schlagzeug, Gitarre, Bass, Akkordeon und Posaune gibt es auch skurrile Quietschkommoden und sogar ein Solo mit singenden Gläsern: Der surreale Klang der Gläser quietscht und tropft in den Raum, dazu nur Gesang - ein irres Stück, gleich nach einem norwegischen Tango.

Drum herum Folk, Blues, Rockn Roll, kraftvoll und gekonnt. Die Männer wechseln sich beim Gesang ab. Die tiefen Stimmen und die lyrischen Texte, ihre Outfits - diese Schar nicht mehr taufrischer Männer und ihre Musik erinnern an Nick Cave und Tom Waits, aber vielfältiger. Doch auch sie sind Überlebende, unaufgeregt lässig und mit viel Spaß und großem Können bei der Sache.

Mutig bespielte Stammbühne

Die Wahl für das CD-Release Konzert fiel nicht zufällig auf die Volksbühne. Brekke, ein kleiner schmaler Mann mit halblangem blonden Haar und charismatisch gegerbten Gesicht, hat dort viele Jahre lang unter Castorf gespielt und auch die Bandkollegen Jürg Kienberger und Lothar Baumgarte waren in Castorf- und Marthaler-Inszenierungen zu sehen.

Also bespielen sie mit Ljodahått ihre alte Stammbühne - sensibel und mutig. „Es gilt nur die Form deines Schiffsbruchs zu finden“ rezitieren sie norwegische Dichter und weder die Songs noch der Abend scheint enden zu wollen. Doch schließlich trägt ein Bandmitglied mit Schweizer Dialekt ein Gedicht über zwei Schrippen im Ofen auf norwegisch vor und spielt dazu Hammond Orgel - ein herrliches Himmelfahrtskommando.

Donnerstag abend spielt Ljodahått im Berliner Privatklub

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