Der Kunde ist König
: Grüntee verboten

„Sehen Sie sich doch nur die Chinesinnen an“

„Grüntee?“, fragt der Verkäufer und zieht verwundert die Augenbrauen hoch. Als ob ich nicht extra für das Teefachgeschäft in die Danziger Straße aus Kreuzberg angereist wäre. Der Verkäufer weiß das nicht zu goutieren, meint einzig verständnislos: „Also Grüntee würde ich Ihnen nicht empfehlen.“

Demonstrativ blickt er auf den schwangeren Bauch, verschränkt die Arme vor seiner Brust und belehrt, ohne dass ich die Bestellung differenzieren könnte: „Sie sollten keinen Grüntee trinken.“

Mein beschwichtigendes Lächeln inklusive Kommentar, dass diesbezüglich die Meinungen ja auseinandergingen, lässt er nicht gelten, sondern doziert einfach ungefragt weiter: „Das Tein des Grüntees wirkt wie Koffein.“ Der Kunde ist König, sage ich mir, da sollen doch auch die Kundinnen Königinnen sein, und ignoriere seinen Rat geflissentlich. „Trotzdem – welchen Grüntee können Sie empfehlen?“, wage ich zu fragen und fühle mich wie mit 14, als wir heimlich unser erstes Bier gekauft haben. Was den Tee-Verkäufer nur streng kontern lässt: „Ich rate Ihnen wirklich ab. Sehen Sie sich doch nur die Chinesinnen und ihre hibbeligen Kinder an. Das kommt nicht von ungefähr, das sage ich Ihnen.“

Er zeigt dabei nach draußen auf die Straße. Irritiert blicke ich tatsächlich dorthin und sehe nur die stark befahrene Danziger. „Ja, ich sage Ihnen, ich spreche aus Erfahrung“, kommentiert der Verkäufer meinen fragenden Blick vielsagend, ohne dass ich dabei wüsste, was er tatsächlich meint. Ich denke statt an die Tiger Mums, die angeblich über den Prenzlauer Berg tigern, lieber an die Königinnen, die eigentlich Kundinnen sind, und zeige mutig auf eine Teebüchse: „Von dem Grüntee dort, bitte schön.“ In Zeitlupe greift der Verkäufer nach besagter Büchse, nicht ohne grantig zu bemerken: „Also, wenn Sie meine Frau wären, würde ich Ihnen Grüntee verbieten.“ GINA BUCHER