DIE NEUE ALTBLOCKFLÖTE
: Absage

Ich wollte nicht übers Alter reden

Zum ersten Mal überkam mich der Wunsch, wieder regelmäßig Blockflöte zu spielen, vor etwa zwei Jahren. Ich hatte von einem Blockflötenorchester in Neukölln gelesen, das meine Neugierde geweckt hatte. Ich schrieb eine Mail an den Dirigenten, aber seine Antwort mit der Ansage, ich müsste generell bereit sein, auch eine andere Flöte als Altblockflöte zu spielen, klang nicht wie eine Einladung, und ich spielte weiter allein zu Hause.

Vor einigen Tagen stellte ich fest, dass sich sowohl der Internetauftritt des 1947 gegründeten und aus 22 Laien bestehenden Ensembles als auch der Dirigent verjüngt hatten. Dieses Mal bekam ich eine nette Antwort mit der Aufforderung, am Donnerstag vorzuspielen. Mit meiner Flöte und sechs Fantasien von Georg Philipp Telemann fuhr ich in die Boddinstraße.

Der neue Dirigent ist Jahrgang 1981 und ich war etwas aufgeregt. Aus Angst, zu schnell zu spielen, spielte ich zu langsam. Nachdem er mir ein Stück gegeben hatte, um mein Rhythmusgefühl zu prüfen, betrachtete er neugierig meine Flöte, ihre zum Teil deformierten Löcher und die, wie er fand, seltsame Formung des Mundstücks. Da erst merkte ich, dass nicht nur Menschen, sondern auch Musikinstrumente altern und mein Instrument fast 40 Jahre auf dem Buckel hat.

Na ja, tröstete ich mich, es ist eben eine Altblockflöte.

Ich wollte nicht übers Alter reden, sondern wissen, ob mein Können für das Orchester reicht. „Eher nicht“, lautete die Antwort. Geknickt nahm ich das Angebot an, der Probe beizuwohnen. Die vielen Frauen und wenigen Männer, die im Schnitt Mitte 50 waren, schafften es nicht, mich von meinem Wunsch abzubringen, wieder Flöte zu spielen. Im Gegenteil. Noch nie habe ich einen so lustig und sympathisch klingenden „Radetzkymarsch“ gehört. Aber erst einmal besorge ich mir eine neue Altblockflöte, bevor ich aus dem allerletzten Loch pfeife. BARBARA BOLLWAHN