Spielplanlotterie

SCHMIERENKOMÖDIE Kölns Opernintendant Laufenberg wirft im Kampf mit der Kulturpolitik hin

„Wer nicht auszieht, kommt nicht heim“, lautet das Motto der Kölner Oper für die kommende Spielzeit. Der Satz ist auf die bis 2015 andauernde Sanierung des Hauses gemünzt. Die Heimkehr wird allerdings ohne Opernchef Uwe Eric Laufenberg stattfinden, der bei der Vorstellung des Spielplans 2012/13 die Auflösung seines Vertrages ankündigte.

Der Vorgang hatte, wie in Köln üblich, den Charakter einer Schmierenkomödie: Laufenberg und die Stadt hatten sich vertraulich auf eine Vertragsauflösung geeinigt. Als jedoch Infos durchgestochen wurden, gab der Opernchef ein Statement in der Presse ab. Kulturdezernent Georg Quander sagte daraufhin seine Teilnahme an der Spielplankonferenz ab, untersagte die Bekanntgabe der Saison 2012/13 und stellte die „einvernehmliche Auflösung Ihres Dienstvertrages“ infrage. Laufenberg präsentierte daraufhin seinen Spielplan im Konjunktiv.

Die Auseinandersetzung begann im September 2011. Damals wurde bekannt, dass die Kölner Bühnen auf ein Defizit von 5 Millionen Euro zusteuern. Eine Million davon ging auf Kosten der Oper, den Rest hatte die Kölner Politik im Rat quasi beschlossen: durch ein Sonderopfer der Bühnen für die Freie Szene oder nicht übernommene Tarifsteigerungen. Die Schuld daran wurde allein dem Opernintendanten Laufenberg zugeschoben, obwohl sich Politik und Verwaltung einig sind, dass die Bühnen im Vergleich zu Frankfurt oder Leipzig mit 49 Millionen Euro für Oper und Schauspiel unterfinanziert sind und er nichtsdestotrotz dem Haus wieder internationales Renommee verschafft hat. Aber: Köln ist hoch verschuldet und muss sparen. Vor allem die mit den Grünen regierende SPD spielte immer wieder genüsslich Soziales gegen die Oper aus, während CDU und FDP Laufenberg die Stange hielten.

Simple Parteireflexe – die NRW-Wahl steht vor der Tür – sind in Köln das eine. Hinzu kam das schlechte Krisenmanagement eines von den Parteien nur noch gelittenen Kulturdezernenten und von Kulturpolitikern ohne Standing in ihren Fraktionen. Zunächst wurde den Bühnen die Aufnahme eines Kassenkredits über 5 Millionen Euro erlaubt, allerdings nur zum Ausgleich bereits bestehender Defizite. Laufenberg ging daraufhin in die Offensive. Die Politik kreißte erneut und gebar einen 2-Millionen-Sonderzuschuss. Den bewilligte am Tag der Spielplanvorstellung der Rat der Stadt, vertreten durch den Oberbürgermeister Jürgen Roters und ein Ratsmitglied, in einer Dringlichkeitsentscheidung. Für die Spielzeit 2012/13 sind demnach, so Laufenberg, gerade einmal sechs von 122 Vorstellungen der zehn Premieren vertraglich abgesichert, der Rest errechnet sich jetzt nach Finanzlage. Spielplan als Lottoglück.

Sicher, der gebürtige Kölner Uwe Eric Laufenberg („Ich kann besser kämpfen als klüngeln“) ist kein Kind von Traurigkeit. Wie ein Rambo watschte er vom Kulturdezernenten bis zum Geschäftsführer der Bühnen alle ab. So recht er in der Sache hat, Rücksicht auf die Verschuldung der Stadt – im Kulturetat fehlen allein 7,5 Millionen Euro – nahm er kaum. Anders Schauspielchefin Karin Beier. In der Defizitdebatte brachte sie bühnenreif ein Opfer und verzichtete auf eine eigene Inszenierung. Köln verliert jetzt also gleich zwei Intendanten: Karin Beier wechselt 2013 nach Hamburg, Laufenberg irgendwohin – den Schaden und die Verantwortung hat die Stadt.

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN