Nach ganz alten Rezepten

KLAMAUK Mit „Kochen ist Chefsache“ hat Daniel Cohen eine Küchen-Komödie gedreht und sich dabei an die Zutaten einer Farce à la Louis de Funès gehalten

Dies ist zwar eher deftige Hausmannskost als Haute Cuisine, doch „Comme un chef“ wird nobel und fein garniert serviert

VON WILFRIED HIPPEN

Man nehme: Das inzwischen gut eingeführte und in der Folge des Kochbooms populäre Subgenre des Küchenfilms („Tampopo“, „Big Night“, „Soul Kitchen“ ). Zwei Schauspieler, die so komisch sein können, dass sie auch fade Witze zu Lachern verzuckern. Ein paar dramatische Verwicklungen, die so altgedient und vorhersehbar sind, dass die Spannung ganz bestimmt nicht auf den Magen schlägt. Dazu eine Handvoll von französischem Kultur-Chauvinismus und eine Prise Travestie. Das Ergebnis ist eher deftige Hausmannskost als Haute Cuisine, doch „Comme un chef“ (so der Originaltitel) wird so nobel und fein garniert serviert, als wäre es in einer der besten Küchen der französischen Komödie kreiert worden.

Erzählt wird hier von zwei Meisterköchen, denen ihr Metier über alles geht. Jean Reno spielt den legendären Starkoch Alexandre Lagarde, dessen Kochshow im Fernsehen halb Frankreich mit Begeisterung ansieht und der in seinem Luxusrestaurant wie ein absolutistischer König der Kochtöpfe herrscht. Doch sein Gegenspieler, der Besitzer des „Le Cargo Lagarde“, ist ein fieser junger Gernegroß und will aus unerfindlichen Gründen den großen Koch feuern. Ein Stern weniger im Guide Michelin würde dafür reichen und die schon angekündigten Kritiker sind Verfechter der neumodischen Molekularküche, während Lagarde im guten alten französischen Stil kocht.

Der Nachwuchskoch Jacky Bonnot (TV-Komiker Michael Youn) leidet dagegen an seiner Leidenschaft. Er verliert ständig seine Jobs, weil ihm seine Kochkunst so heilig ist, dass er Kunden, die ihrer in seinen Augen nicht würdig sind, beschimpft und ihnen die schon servierten Teller wieder wegnimmt, wenn sie den falschen Wein zu seinen Wunderwerken trinken wollen. Seine hochschwangere Frau droht, ihn zu verlassen und um das zu verhindern, sagt er seiner Liebe zu den Töpfen gänzlich ab und arbeitet stattdessen als Fensterputzer. Doch spätestens nachdem er beim Putzen in einem Altersheim durch die Fenster in eine Küche schaut und den drei Köchen dort nur nicht Ratschläge sondern Befehle erteilt, muss er wieder hinter einen Herd. Lagarde besucht einen alten Freund im Altersheim, kostet einen Dessert von Bonnot und schon ist dieser bei ihm angestellt. Zusammen kämpfen sie dann gegen Fastfood und Avantgarde-Küche für die guten alten französischen Soßen und Suppen, nur Jackys Frau darf nichts von seinem neuen Job erfahren, denn er hatte ihr versprochen, als guter Familienvater brav weiter Fenster zu putzten.

Hier wird also wieder einmal einer der ganz alten dramaturgischen Drehs bemüht: Er tut alles, um zu verhindern, dass sie etwas erfährt, das nur dadurch so schlimm wird, weil er es ihr nicht sagt. In Hollywood nennt man das den „Idiot Plot“, und er wird hier sehr breit ausgewalzt. Und es gibt noch mehr von diesen Ersatzkonflikten, die Drehbuchschreiber immer dann benutzen, wenn sie ein Milieu, ein Paar Figuren und ein Genre, aber im Grunde keine Geschichte haben. Lagarde hat eine Tochter, um die er sich nie genug gekümmert hat, aber im letzten Moment erkennt er, dass sie ihm wichtiger ist als seine Karriere und er begleitet sie (wohl etwas spät, denn sie ist über dreißig) zur mündlichen Prüfung ihrer Doktorarbeit. Auch der Erzählstrang von Lagardes professionellen Problemen ist schon oft aufgewärmt worden: Der intrigante Spekulant gegen den arglosen Künstler, der in alle Fallen tappt um dann mit Hilfe seiner Freunde nur um so strahlender zu gewinnen. Aber würde nicht jedes andere Restaurant den angeblich besten Koch Frankreichs mit Kusshand nehmen, wenn man so blöd wäre, ihn aus dem nach ihm benannten Lokal zu feuern?

Aber bei einer Komödie verzeiht man gerne hanebüchene Geschichten, wenn sie nur komisch erzählt werden. Aber Cohen ist leider meist nur albern und sein Film erinnert am ehesten noch an die Possen von Louis de Funès („Brust oder Keule“). Das geht von einer Karotte, die Jacks zuflüstert, sie wolle geraspelt werden bis zu einer burlesken Sequenz, in der Reno und Youn als Samurai und Geisha verkleidet das Essen in einem Restaurant der Konkurrenz ausspionieren. Da lässt dann „Charlie’s Tante“ schön grüßen.

Auch nicht witzig ist der chauvinistische Seitenhieb auf die neue spanische Küche. Eine lächerliche Karikatur des Avantgardekochs Ferran Adrià hantiert da manisch mit Reagenzgläsern und Stickstoff herum und serviert schließlich ein paar Würfel aus Gelee, die er als „atomisierte Ente“ anpreist. Nicht einmal das Essen sieht besonders lecker aus, und so funktioniert „Kochen ist Chefsache“ auch nicht als Appetitanreger.