Aus dem Staub gemacht
: Blaue Flecke

Bei der vorletzten Schraube ist Schluss

Samstagmorgen um 8 Uhr 15 klingelt der Lieferant. Das ist keine Überraschung, auch wenn wir erst gegen zwei ins Bett gestiegen sind. Denn die Liebste wollte sich Holz kommen lassen, der Lieferant hatte sich großzügig für die Zeit zwischen 8 und 18 Uhr angekündigt.

Vor einer Viertelstunde noch im Tiefschlaf, schleppen wir jetzt also Bretter durchs Treppenhaus in den vierten Stock. Komisch, dass man immer an Aufzüge denken muss in solchen Situationen. Und an Bringdienste, die das Holz dann selbst nach oben transportieren.

Irgendwann ist dann alles oben. Und nach dem Frühstück geht es ans Heimwerkern; blanke Füße auf Sägespänen, Kniescheiben mit Schrammen, und die Bohrmaschine muss nach jedem Bohrvorgang wieder ausgestöpselt werden, weil ihr Anschaltmechanismus im Arsch ist. Bei der vorletzten Schraube – wirklich! – gibt sie den Geist dann ganz auf. Das Regal aber steht noch nicht; also muss nach Ersatzschlagbohrmaschinen telefoniert werden.

Das ist der perfekte Zeitpunkt, um sich aus dem Staub zu machen, auch, weil mir als Elektrikersohn das Heimwerkern im Grunde verhasst ist. Ich habe mich in der Vorschule nicht umsonst gegen die Bauklötze und für die Worttafeln entschieden. Die Liebste aber beherrscht das Material. Jedenfalls fast. Denn nach weiteren drei Stunden, in denen sie einen platten Radreifen reparieren musste, sich leider doch einen neuen Schlauch kaufen, Winkel und Zeug im Baumarkt nachbesorgen und die Ersatzbohrmaschine samt der helfenden Freundin abholen musste, kippt ihr das endlich, endlich fertig zusammengeschraubte Regal dann doch noch auf die Füße. Bis sie es mit Winkeln an die Wand fixiert.

Die Schrammen und blauen Flecke darf ich dann am nächsten Tag begutachten. Sie sehen irgendwie gut aus. So nach echter Arbeit. RENÉ HAMANN