Ein Stück vom Kuchen jede Nacht

FILM „Die 1000-Euro-Generation“ ist eine schöne Komödie, in der das Prekariat sein Geld zusammenkratzen muss, die Liebe sucht und sie auch findet

Matteo ist ein begabter Mathematiker. Doch nach Ende seines Studiums gelingt es ihm, wie vielen seiner akademisch gebildeten Altersgenossen, nur gerade so, sich über Wasser zu halten. Er arbeitet an der Uni in Mailand als Hilfswissenschaftler und für eine Mobilfunkfirma. Mit der Miete für die Wohnung, in der er mit seinem Freund Francesco wohnt, ist er oft in Verzug; seine Freundin findet ihn auch nicht mehr so toll. Als Beatrice, eine neue Mitbewohnerin, einzieht und er die blonde Angelica in der Raucherpause kennenlernt, wird das Leben spannend. Die Geschichte nimmt ihren Lauf.

„Die 1000-Euro-Generation“ ist eine angenehme Komödie mit wiederkehrenden, klassischen Slapstickelementen – in der Wohnung des Helden gibt es ein Loch im Boden, das man mit einem Teppich verbirgt. Mehrmals fällt jemand durch das Loch in die Wohnung darunter, in der stoisch ein alter Mann sitzt. Einmal fällt die neue Mitbewohnerin sogar mitsamt dem Sessel durch das Loch.

Erwachsen sind die 30 Jahre alten Helden nicht: Als der eine ausziehen will, sagt der andere, der gerade auf seiner Playstation Fußball spielt: „Wenn Andorra gewinnt, bleibst du.“ Andorra gewinnt, man ist hoch erfreut, aber – als Playstation-Spieler – doch auch ein bisschen verärgert, weil im Film eine Playstation-Fußballversion aus den 90ern verwendet wird und die Szene nach dem Tor für Andorra abbricht, der Regisseur also den Realismus der Dramaturgie geopfert hat. In gewisser Weise geht er ähnlich auch mit dem Thema des Films um, der auf dem gleichnamigen, allerdings eher soziologisch orientierten „Kult-Buch“ basiert, das Antonio Incorvaia und Alessandro Rimassa im Dezember 2005 zunächst im Internet publizierten und ein großer Erfolg wurde: Die Helden, die sich durchgehend mit mehreren Jobs durchzuschlagen versuchen, führen ein unsicheres, aber schönes Leben. Ihr wahres Problem ist die Liebe, die nur lose mit Geld verknüpft ist. Sie müssen Geld zusammenkratzen, das fehlende Geld führt zu zwischenmenschlichen Komplikationen; angetrieben werden sie von der Liebe. Andererseits: So sollte es auch sein!

Auch dramaturgisch wird die Geschichte durch Liebesgeschichten vorangetrieben: durch das Warten auf eine SMS der Freundin, die der Held sich „Exfreundin“ zu nennen weigert. Durch den Vertrauensbruch, wenn Francesco, statt zur Verabredung mit der einen zu gehen, mit der anderen loszieht.

Die prekäre Situation der Helden wird dennoch schön geschildert. Die Sklaven in der Mobilfunkfirma haben herausgefunden, dass ihr Chef regelmäßig jemanden entlässt, nachdem er auf dem Klo war und die Jalousie seines Büros herabgelassen hat. Sie warten dann zitternd. Der letzte Satz lautet: „Ich bin prekär. Ich verdiene 940 Euro“. Ich auch!

DETLEF KUHLBRODT

■ „Generazione 1.000 Euro“. Regie: Massimo Venier. Mit Alessandro Tiberi, Valentina Lodovini u. a. Italien 2009, 101 Min.