Auf dem Sofa ergibt alles einen Sinn

KOMÖDIE In „Jeff, der noch zu Hause lebt“ erzählen Jay und Mark Duplass von einem 30-Jährigen, der im elterlichen Keller kifft und seinem ehrgeizigen Bruder, dem es auch nicht viel besser geht

VON WILFRIED HIPPEN

Gemäß einem vor allem in den USA oft und gerne zitierten Satz wechseln viele Männer direkt von der Infantilität in die Senilität. Ein Psychologe hat dieses Phänomen schon in den frühen 80er Jahren das „Peter Pan Syndrom“ genannt. Komödien aus Hollywood waren immer voll von solchen Kindsköpfen. Nicht umsonst heißt etwa ein Film von Howard Hawks aus den 50er Jahren „Liebling, ich werde jünger“.

Doch zur Zeit scheinen die ewig pubertären Männer das Genre völlig zu beherrschen. Der zur Zeit witzigste Regisseur Hollywoods Judd Apatow und seine zahlreichen Epigonen machen nur Filme über 40-jährige männlich Jungfrauen, Kiffer und Couchpotatoes. Schauspieler wie Seth Roggen, Steve Carell und Jack Black sind auf diese Rollen fest abonniert.

So ist der 30-jährige Held von „Jeff, Who Lives at Home“ für die Kinogänger im Grunde schon ein guter alter Bekannter. Die Couch im Keller des Hauses seiner Mutter ist sein Lebensmittelpunkt, er ist ständig bekifft und hat seinen Lieblingsfilm „Signs – Zeichen“ von M. Night Shyamalan so oft gesehen, dass er sich um ihn herum inzwischen eine Art Ersatzreligion gebastelt hat.

Auch er wartet nun auf Zeichen, denn das scheinbar Unzusammenhängende ergibt für ihn immer einen tieferen, schicksalhaften Sinn. Da reicht schon ein falsch verbundener Anruf, bei dem ein Fremder nach einem „Kevin“ fragt, um Jeff davon zu überzeugen, dass dies eine Art universeller Wegweiser für ihn ist.

Überall sucht er nun nach „Kevins“ und entwickelt dabei eine Energie, die seine Mutter erstaunen würde, denn diese kann ihn nicht einmal dazu bewegen, die Jalousie im Schlafzimmer zu reparieren.

Jeffs Bruder Pat tut dagegen eher zu viel als zu wenig. Seine Karriere und sein Status sind ihm so wichtig, dass er gar nicht merkt, wie öde seine Ehe inzwischen ist. Er nimmt seine Frau Linda kaum noch wahr, und während sie für ein gemeinsames Haus sparen will, kauft er sich einen neuen Porsche. Er kann überhaupt nicht verstehen, warum sie sauer auf ihn ist und ihr Frühstück auf das schöne neue Auto wirft. Natürlich sieht Pat auf Jeff hinab, aber dieser muss ihn erst darauf aufmerksam machen, wie schlimm es um seine Ehe steht.

So sucht Jeff den einen wahren „Kevin“ und sein Bruder und seine Frau geraten dabei in skurrile kleine Abenteuer, die vor allem durch die sehr eigentümlichen Reaktionen der Protagonisten komisch wirken.

Die Stärke der Brüder Jay und Mark Duplass liegt darin, den Witz eher aus den Persönlichkeiten als aus den Situationen zu entwickeln. Dies gelingt ihnen besonders bei den Szenen mit der Mutter, die im Grunde nur ihren langweiligen Bürojob erledigt und hinter ihren beiden Söhnen her telefoniert.

Susan Sarandon spielt sie mit soviel Resignation und Wärme, dass ihre Auftritte beinahe die von Jason Segal in den Schatten stellten. Dieser ist als Jeff ein argloser Träumer, der es immer nur gut meint und nicht einmal jenem „Kevin“ böse sein kann, der erst freundlich mit ihm Basketball spielt und ihn dann ausraubt.

Wenn der Film in der ersten Stunde wie Jeff ein wenig verträumt und träge umherwandert, wird dies durch ein furioses Final mehr als aufgewogen. Bei einem Stau auf einer Brücke kommt es zu einem bizarren Unfall, alle Filmfiguren sind in verschiedenen Autos dabei, alle Konflikte spitzten sich zu und werden gelöst und Jeff findet den einen „Kevin“, der ihn zum Helden des Tages macht.

Dieses so offensichtlich gebastelte Happy End ist der beste Witz des Films. Die Duplass-Brüder bemühen sich gar nicht, es nur halbwegs plausibel erscheinen zu lassen. So enden Komödien, warum es dann nicht bis zur Spitze treiben? Und auch wenn man darüber lacht, ist man ein klein wenig gerührt. Der nächste Film von Jay und Mark Duplass soll übrigens „Kevin“ heißen. Überall sind Zeichen!