Kämpfe in Kampala

DOKUMENTARFILM In „Call Me Kuchu“ erkunden Malika Zouhali-Worrall und Katherine Fairfax Wright die schwierige Lage von Queers in Uganda

Homosexualität ist kein Menschenrecht. Sie ist sogar illegal. Es muss auch keine Diskussion darüber geben, ob sie richtig oder falsch ist – denn sie ist falsch. Mit diesen Meinungen sehen sich die LGTB-Aktivist_innen in Uganda täglich konfrontiert. Sie kämpfen gegen die Homophobie, den Hass und den religiösen Fanatismus.

Für ihren Dokumentarfilm „Call Me Kuchu“ begleiten Malika Zouhali-Worrall und Katherine Fairfax Wright die LGTB-Aktivistinnen und Aktivisten in Uganda. Sie treffen auf David Kato, den ersten offen homosexuellen Ugander und „Großvater der Kuchus“. „Kuchu“ bedeutet so viel wie „Gleich“ und ist gleichzeitig ein Codewort von ugandischen Homosexuellen.

Stolz und Vorurteil

Zouhali-Worrall und Fairfax Wright sind Beobachterinnen, sie kommentieren das Gesehene subtil, obwohl ihre Haltung in jeder Sekunde des Films klar ist. Sie lassen auch die Hassprediger zu Wort kommen und treffen neben anderen den radikalen Zeitungsmacher Giles Muhame. Der 22-Jährige stellt öffentlich in der Presse Homosexuelle an den Pranger, veröffentlicht Fotos von ihnen, schreibt in der Zeitung, wo sie wohnen. Sie sollen verurteilt werden und hängen – so seine Forderung. Ein Problem mit seinem vermeintlich journalistischen Zugang hat er nicht. „Wir ignorieren die Privatsphäre im Interesse der Öffentlichkeit“, sagt er stolz und grinsend.

Mit „Call Me Kuchu“ halten Malika Zouhali-Worrall und Katherine Fairfax Wright die Balance zwischen der Beschreibung von Einzelschicksalen und der Reportage zur Situation der Homosexuellen in Uganda. Sie zeigen die Kontroversen in einem Land, in dem 95 Prozent der Menschen gegen Homosexualität sind und in dem mit allen Mitteln versucht wird, ein „Anti-Homosexualitäts-Gesetz“ durchzusetzen. Seit 2009 wird im ugandischen Parlament über die Verschärfung der Gesetze debattiert. Nach einem Entwurf, den der Abgeordnete David Bahati eingebracht hatte, sollte unter anderem die Todesstrafe für Homosexuelle eingeführt werden. Laut diesem Entwurf würden schon denjenigen, die Homosexuelle unterstützen oder sich weigern, sie zu denunzieren, Haftstrafen drohen – und zwar bis zu sieben Jahren. Unterstützung erhielt Bahati vom US-amerikanischen evangelikalen Netzwerk „The Family“ – zu dessen Mitgliedern auch der Präsident von Uganda, Yoweri Museveni, zählt.

All dies erzählen die Regisseurinnen. Doch viel wichtiger an ihrer filmischen Arbeit ist, dass sie die „Kuchus“ nicht als Opfer zeigen. „Die ‚Kuchus‘ aus Kampala haben begonnen, den diskriminierenden Status quo zu dekonstruieren, und arbeiten unermüdlich daran, ihr eigenes Schicksal und das von vielen anderen in ganz Afrika zu ändern“, schreiben die Regisseurinnen zu ihrem Film. David Kato, Naome, Kasha und alle anderen kämpfen für ihre Rechte – mit Humor, Mut und unglaublicher Verve. Ihr Motto lautet: „A Luta Continua“ („Der Kampf geht weiter“).

Mord aus Homophobie

Die beiden Filmemacherinnen sind zufälligerweise in Uganda, als Kato im Januar 2011 ermordet wird. Ein Mann schlug mit einem Hammer auf seinen Kopf ein. Kato erlag auf dem Weg ins Krankenhaus seinen Verletzungen. So makaber es klingt, der Film erreicht seinen Höhepunkt bei Katos Beerdigung. Bei der Trauerfeier predigt der Gemeindepastor Schwulenhass. Es kommt zu Auseinandersetzungen. Und es ist Bischof Christopher Ssenyonjo, für den Homosexuelle auch Gottes Kreaturen sind, der gegen gegen den Willen seiner Kirche agiert und Kato den letzten Segen erteilt.

Nach Katos Tod wollen die queeren Aktivistinnen und Aktivisten erst recht nicht ihre Arbeit aufgeben. Sie träumen Katos Idee von einem „Gay Village“ in Uganda weiter und halten sich an seine Worte: „Wenn wir uns weiterhin verstecken, werden sie behaupten, wir wären nicht da.“

ENRICO IPPOLITO

■ „Call Me Kuchu“. Regie: Malika Zouhali-Worrall und Katherine Fairfax Wright. Dokumentation. Uganda/USA, 90 Minuten