Die Schäferkleidung ist sehr schick

DOKUMENTARFILM Mit 800 Schafen durch die Westschweiz: Manuel von Stürlers „Winternomaden“

Fans von Schafen werden begeistert sein; Weihnachtsfreunde kommen auch auf ihre Kosten. In seiner mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichneten Dokumentation „Winternomaden“ berichtet Manuel von Stürler von einem Schäfer, Pascal Eguisier, der mit seiner Freundin Carole Noblanc, drei Eseln, vier Hunden und 800 Schafen vier Wintermonate lang durch die französische Schweiz zieht. Pascal Eguisier hat sein Handwerk vor mehr als zwanzig Jahren bei italienischen Kollegen gelernt, die 28 Jahre alte Carole ist sein Lehrling.

Die Schäferkleidung ist sehr schick; ein spitzer Schäferhut, ein Stab, mit dem man einzelne Schafe aus der Herde herausziehen kann, ein Umhang, den man aus Tolkien-Filmen kennt. Die Schäfer ziehen mit ihrer Herde durch wunderschöne Winterlandschaften, über Straßen, an Autobahnen vorbei, schlafen unter Planen auf Schaffellen, waschen sich mit Schnee und putzen sich die Zähne in kleinen Bächen am Morgen. Das ist eine schöne, erfüllende Arbeit, denkt man ein bisschen neidisch, wenn die Morgensonne fast schon zu sanft auf das Gesicht des Schäfers scheint.

In dem Moment, in dem der Film zu schön zu werden droht, wird das Wetter schlechter, und es gibt Konflikte. Zwei Bauern wollen die Herde nicht über ihre Wiesen ziehen lassen, „Wir pflanzen den Klee und ihr fresst ihn auf“, sagt einer wütend. Die Herde muss schwierige Umwege gehen. Der Esel Figaro hat einen Abszess und wird durch den kleinen Esel Polo ersetzt. Schafe werden mit unterschiedlichen Farben, die die Nähe zum Tode bedeuten, markiert. Ab und an kommt der Chef mit seinem Auto vorbei, fünfzig Schafe werden aus der Herde gefischt und zum Schlachten abtransportiert. „Wir haben ihm gute Qualität geliefert“, freut sich der Schäfer. Seine Arbeit ist ein Statement. Die Herde wird immer kleiner; am Ende wird dem Feuer etwas Wein geopfert, um für den schönen Viehtrieb zu danken.

Zuweilen denkt man an den berühmten Schweizer Dokumentarfilmer Erich Langjahr, der seit den 70er-Jahren von aussterbenden bäuerlichen Produktionsweisen berichtet, und dessen Film „Hirtenreise ins dritte Jahrtausend“ (2002); manchmal auch an das schöne Büchlein „Pferde“, in dem Helmut Höge davon erzählt, wie er während des Deutschen Herbstes mit einem Pferd durch die Gegend wanderte. DETLEF KUHLBRODT

■ „Winternomaden“. Regie: Manuel von Stürler. Dokumentarfilm, Schweiz u. a., 2012, 90 Min.