Wundervoll abseitig angelegte Figuren

STYLISCH IN SCHWARZWEISS Tim Burtons ansprechender Zeichentrickfilm „Frankenweenie“ ist eher filmhistorisch erinnerungsselig als wirklich originell

Auf seine Weise ist der Film „Frankenweenie“ Tim Burtons eigenes Frankenstein-Projekt: der Versuch, seinen gleichnamigen Kurzfilm von 1984 zu neuem Leben zu erwecken. Der technische Aufwand, den er dazu betreibt, ist beachtlich: statt Farbe ein stylisches Schwarzweiß, und das aber in 3-D; statt Schauspielern nun die arbeitsintensive Stop-Motion-Animation mit Puppen, bei der bis zu 30 Animatoren eine Woche damit beschäftigt waren, zweieinhalb Minuten Film zu produzieren.

Horror und Melancholie

Das Ergebnis auf der Leinwand verbindet, wie bei Burton üblich, das geisterhafte Horrorelement mit stimmungsvoller Melancholie, unterstrichen von der eigentümlichen Langgliedrigkeit der Figuren und ihren riesigen, dunkel umrandeten Kulleraugen.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen der Junge Victor und sein Hund Sparky, sein bester Freund. Victor wird vorgestellt als kreatives Wunderkind, in der ersten Szene führt er seinen Eltern einen selbst gedrehten Super-8-Film vor, natürlich einen Horrorfilm, in dem Sparky die Hauptrolle des Monsters spielt.

Wenig später kommt es zu einem tragischen Unfall, Sparky wird von einem Auto überfahren. Victor ist untröstlich – und es ist unglaublich, wie viel Gefühl, wie viel Melodrama eine in Stop-Motion gefilmte Puppe ausstrahlen kann. Als Zuschauer ist man deshalb ganz auf Victors Seite, als der beschließt, die im Physikunterricht erworbenen Kenntnisse für die Wiederbelebung Sparkys einzusetzen – wie es sich gehört, mit nächtlicher Friedhofsexpedition und dem Einsatz von Blitz und Donner und jeder Menge Kabel und Geräte.

Das Projekt gelingt – aber Victor wird es nicht lange geheim halten können. Bald sind ihm eine ganze Reihe Klassenkameraden auf der Spur, und auch sie haben einst ihre Lieblingshaustiere verloren …

Lieblingsstellen

Tim Burton legt „Frankenweenie“ nicht nur als Wiederbelebung des einen seiner eigenen Projekte an, sondern er spielt gewissermaßen gleich aufs eigene Gesamtwerk an. Und war das schon verweisdurchtränkt mit den alten Horror- und Monsterfilmen, so findet sich in „Frankenweenie“ erneut eine Fülle an Reenactments von Lieblingsstellen aus dem Katalog der Hammer-Produktionen.

Das Vergnügen an „Frankenweenie“ ist also mehr das des permanenten Wiedererkennens als der echten Überraschung. Was andererseits auch wieder schade ist, denn mit seinen wundervoll abseitig angelegten Figuren – ein Klassenkamerad ist unheimlicher als der andere, sowohl das „nette“ als auch das „böse“ Mädchen sind herrlich grotesk, und es gibt eine weiße Katze, die in gruseligem Timing miaut – wäre auch etwas Originelleres drin gewesen. BARBARA SCHWEIZERHOF

■ „Frankenweenie“ Regie: Tim Burton. Zeichentrickfilm, schwarzweiß. USA 2012, 87 Minuten