In der Präsidentensuite

KUNST IM HOTEL Über 900 Arbeiten von Studierenden und Professoren der UdK hängen in den Gästezimmern und der Lobby des Luxushotels Waldorf Astoria

Der Blick aus dem 31. Stockwerk über Berlin ist unvergleichlich. Einer der besten der Stadt, vielleicht sogar der beste. Aber nicht um den Rundblick zu genießen, hat sich die bunte Truppe junger Leute in der Präsidentensuite des Waldorf Astoria Hotels eingefunden. Es geht ihr um die Kunst, die hier an den Wänden hängt. Denn sie selbst, beziehungsweise ihre Professoren, sind die Urheber der Arbeiten, mit denen sich das neue Fünfsternehotel schmückt.

Swan Operations, der Investor und Eigentümer des Zoofensters, in dem der Hilton-Konzern mit seiner Luxushotelmarke Waldorf Astoria residiert, hat sich von Berlin und seinem Image als Hauptstadt der jungen zeitgenössischen Kunst inspirieren lassen. Um die junge Kunstszene Berlins zu fördern, setzte der in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten beheimatete Immobilienentwickler, der wiederum der US-amerikanischen Investorengruppe Harvest United Enterprises Inc. gehört, auf die Zusammenarbeit mit der Universität der Künste. Deshalb sind nun über 900 Arbeiten von Studierenden, Meisterschülern, Absolventen, aber auch Professoren wie Burkhard Held, Frank Badur und Leiko Ikemura dauerhaft in den Gästezimmern, Apartments, im Eingangsbereich, im Restaurant und in der Lobby des Luxushotels zu sehen. Es handelt sich um Originale, die zum Teil in Abstimmung mit dem Auftraggeber speziell für die jeweiligen Räume entstanden sind.

Sie bilden die „Harvest Art Collection“, die am 28. Februar in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Doch es dauerte noch ein wenig, bis sich die Studenten am letzten Mittwoch selbst ein Bild davon machen konnten, wo und wie genau ihre Werke gehängt wurden. Friedemann Heckel wollte sich zunächst am Projekt nicht beteiligen, erzählt er auf Nachfrage. Aber dann besuchte ihn Diana Liljelund in seinem Studio. Die Direktorin der Designabteilung des Projektentwicklers Hill International, die mit dem ausführenden Innenarchitekten Philippe Capron und dem Büro von Inter Art Etudes für das Innendesign des Hauses verantwortlich zeichnet, ist die treibende Kraft hinter der Kooperation mit der UdK.

Durch ihr engagiertes und informiertes Auftreten überzeugte sie Heckel nicht nur mitzumachen. Sie suchte sich auch gleich seine besten Arbeiten aus, wie der Galerist Thomas Fischer feststellen musste, als er Heckel im letzten Monat in seinen Räumen ausstellte. Denn Swan kaufte direkt bei den Studierenden. „Ich habe einen Preis genannt, und sie haben ihn akzeptiert. Es war klar ein studentischer Preis. Aber dadurch, dass sie gleich zwölf Arbeiten angekauft haben, war das letzte Jahr für mich finanziell gesichert.“ Diana Liljelund gewann die Studierenden auch dafür, von einzelnen Arbeiten Auflagen oder Serien zu machen. Das zeigt sich dann bei Katja Borchert, deren zarte Gouachen man – fälschlicherweise natürlich – in jedem Raum zu sehen meint.

Begeistert von der problemlosen Zusammenarbeit mit der UdK erweiterte Liljelund ihr Programm, das zunächst nur Arbeiten auf Papier, also Zeichnungen, Gouach- oder Aquarellmalerei und Druckgrafik umfasste, und entschied sich, auch Malerei aufzunehmen. Jetzt fällt ein großes Format von Selma Devrim Fener neben dem Eingang zum Hotelrestaurant auf; oder eine farbenprächtige Abstraktion von Tegene Kunbi, der zunächst in Addis Abeba Kunst studiert hat. Tatsächlich, wenn man vom 31. Stock hinabsteigt bis in die Library im 11. Stock und in die Konferenzräume im 2., dann scheint sich eine Win-win-Situation aufzutun. Die Künstler machen unter anständigen Bedingungen ihre erste Erfahrung mit Kunst als Dienstleistung. Gleichzeitig scheint dieser Aspekt in der Hängung nicht durch. Vielmehr wirkt die Kunst in den Räumen ausgewählt, jenseits der allfälligen Trends des Kunstbetriebs. Mit ihrer im positiven Sinne kostbar präsentierten Kunst gewinnen die Räume einen jeweils eigenen, intimen und persönlichen Charme.

BRIGITTE WERNEBURG