Helge-Schneider-Film: „Schlecht Fotzen lecken“

Die Schauspieler qualmen wie die Schlote. Helge und sein Ensemble laufen in „00 Schneider. Im Wendekreis der Eidechse“ zu ganz großer Form auf.

00 Schneider bei der Arbeit. Bild: Verleih

Im Sommer 2011, auf seiner „Buxe voll“-Tournee, verausgabte sich Helge Schneider bei einem unglaublich schnellen Vibrafonsolo, erlitt einen Kreislaufkollaps, und die Tour musste abgebrochen werden. In dieser Zeit kam wohl der Wunsch auf, wieder einen Film zu drehen. Gesagt, getan. Vor einem Jahr ungefähr wurde „00 Schneider. Im Wendekreis der Eidechse“ in Mülheim und dem spanischen Almería gedreht, am 1. Juli 2013 beim Filmfest München uraufgeführt; ab Donnerstag läuft der Film in allen Kinos.

Die Erwartungen sind groß, denn der 1994 gedrehte „00 Schneider. Jagd auf Nihil Baxter“, bei dem Christoph Schlingensief noch die Kamera führte, ist ein Meisterwerk mit vielen unvergesslichen Szenen wie der avantgardistisch-pathetischen Traumszene, die im Neandertal-Museum von Mettmann spielt, untermalt von einer von Helge Schneider gesungenen Opernparodie.

Oder der unvergesslichen Passage, in der dem von Helge Schneider gespielten, exzentrisch-psychopathischen Kunstsammler Nihil Baxter seine über alles geliebte Skulptur herunterfällt und kaputtgeht, was aber nichts macht, denn er hat noch eine Kopie. Oder die Szene, in der der ebenfalls von Schneider gespielte Kommissar und sein Assistent Körschgen Nihil Baxter in einem völlig aberwitzigen, wunderschönen Sechziger-Jahre-Interieur interviewen.

Alle sitzen weitestmöglichst voneinander entfernt, Nihil Baxter sagt: „Da sitzt man nun.“ Pause. „Kein Stoff.“ Pause. „Kein Redestoff.“ Pause. „Drei Herren in einem Raum; da kann man wohl schlecht Fotzen lecken.“ Helmut Körschgen, der in dem Film so gerne rauchte und das geflügelte Wort prägte „Solange man lebt, soll man rauchen“, erlitt damals bei den Dreharbeiten einen Schlaganfall und starb 2002.

Überfall für eine Schachtel Zigaretten

Diese und andere Szenen schaue ich mir immer wieder gerne an, wenn ich traurig bin.Einiges davon wird auch wieder im neuen „00 Schneider“ zitiert und fortgesetzt. Die Zigarettenthematik zum Beispiel. Im Polizeipräsidium rauchen alle ständig und mit großem Engagement, ein Polizist sagt: „Rauchen ist doch das Beste“, eines der im Film behandelten Verbrechen besteht darin, dass der so intelligente wie psychopathische Verbrecher Jean-Claude Pillemann (Rocko Schamoni) von seiner Sucht getrieben den Kiosk einer alten Dame (Peter Thoms) überfällt und eine Schachtel Reval erbeutet.

„00 Schneider. Im Wendekreis der Eidechse“. Regie: Helge Schneider. Mit Helge Schneider, Rocko Schamoni u. a. Deutschland 2013, 96 Minuten. Kinostart: 10. Oktober.

00 Schneiders Mitarbeiter (Ira Coleman) stellt ernst fest: „Zigarettendiebstahl ist das Mieseste, was man tun kann.“ 00 Schneider ist allerdings militanter Nichtraucher. „Er wirft sogar Zigaretten weg, von denen seine Kollegen gehofft hatten, sie zu bekommen. Da können sie aber nichts gegen machen, denn mit Roy Schneider legt sich keiner gerne an“, erklärt Helge Schneider im Interview.

Fast mehr noch als der erste „00 Schneider“-Film erinnert „Im Wendekreis der Eidechse“ an ein Konzeptalbum mit verschiedenen, voneinander abgesetzten Stücken und einem schönen Soundtrack, der fast ein bisschen an Tom Waits erinnert.

Er raucht wunderbar

Oder besser: daran, wie der im Film kurz zitierte Herbert Achternbusch Tom Waits in „Rita Ritter“ verwendet. Das Ensemble der Schauspieler (die meist Musiker sind) ist eine Band. Das Zusammenspiel klappt großartig, man kennt sich schon lange; in seinen ersten Szenen passt Rocko Schamoni sehr gut ins Ensemble; er raucht ganz wunderbar, im Lauf des Films wirkt er aber doch wie ein Gaststar.

„Im Wendekreis der Eidechse“ ist ein Muss für alle Schneider-Freunde, aber eben nicht so organisch wie „Jagd auf Nihil Baxter“. Vielleicht hätte man Rocko Schamoni ein bisschen mehr Raum geben sollen, damit er seine komischen Eigenarten besser hätte entfalten können; vielleicht ist Helge Schneider auch da am besten, wo er seinen eigenen Gegenspieler spielt.

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