Schwitzt, kippst, kickst

LYRIK Maren Kames überzeugte die taz-Publikumsjury beim Open Mike 2013

Es ist längst Tradition. Beim Open Mike – dem Vorlesewettbewerb für den deutschsprachigen literarischen Nachwuchs in Berlin – betreut die taz eine Publikumsjury: fünf im Idealfall interessierte, mit dem Literaturbetrieb jetzt nicht groß verbandelte Leserinnen und Leser, die sich zwei Tage lang alle teilnehmenden Autorinnen und Autoren anhören und sich dann darauf einigen, welcher Text ihnen am besten gefallen hat. Dem geben sie den Publikumspreis. Er ist damit verbunden, dass die taz den Text abdruckt. Voilà. Auf diesen Seiten können Sie sich auf abenteuerliche Lesereise durch den Publikumspreistext 2013 begeben.

Es ist in diesem Jahr dabei gleich doppelt etwas Besonderes geschehen. Erstens hat die diesjährige Publikumsjury zum ersten Mal überhaupt einen lyrischen Text ausgezeichnet. Texte, die gerade Prosapfade vermeiden, waren durchaus dabei – der Vortrag spielt beim Open Mike selbstverständlich ins Urteil hinein; was Texte, die vom Performativen leben, etwas begünstigen mag. Aber tatsächlich Lyrik war beim Publikumspreis bislang noch nicht darunter. Zweitens hat Maren Kames nicht nur den Publikumspreis, sondern auch einen der drei Hauptpreise des Open Mike bekommen. Publikumsjury und Hauptjury – sie war mit den SchriftstellerInnen Jenny Erpenbeck, Ulrich Peltzer und Raphael Urweider besetzt – waren sich über die Qualität dieses Textes also einig. Wie heißt das immer: Von Maren Kames wird man noch einiges hören.

Die Autorin wurde 1984 in Überlingen am Bodensee geboren, studierte Kulturwissenschaften, Philosophie und Theaterwissenschaft in Leipzig und Tübingen, Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. 2011/2012 war sie Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift Bella triste. Seit 2013 lebt sie als freie Autorin in Leipzig.

Kindheitserinnerungen, darin eingeschlossen eine Trennung („ich höre unseren Vater das Haus verlassen“); überraschende Lautverknüpfungen („schwitzt“, „kippst“, „kickst“ in „ShutterIsland“); Miniaturen, in denen sich „nichts“ auf „Chips“ reimt; sowie dramatische Momente („Ich setz mich einfach in diese Tonne hier, halte mein offenes Gesicht gegen den Himmel / und trinke diesen Regen“). Breit orchestriert, dabei stets offen und nachvollziehbar sind diese Texte. Wir haben sie auf dieser Doppelseite getreulich nach dem Manuskript abgebildet. Einzüge, Leerstellen, Abstände, das alles ist von der Autorin so vorgesehen. drk