Club Ultraschall

NEUE MUSIK Das Festival Ultraschall stockt seinen Namen auf und heißt nun Ultraschall Berlin. Dafür dauert es nur noch halb so lang

Muss man sich Sorgen machen? Im vergangenen Jahr waren es noch zehn Tage, die das Festival Ultraschall für sein Programm beanspruchen durfte. Jetzt sind es gerade einmal fünf. Von dieser Ausgabe an führt die Institution für Neue Musik dabei eine Ortsbezeichnung im Namen und heißt ab sofort „Ultraschall Berlin“. Will das Festival damit – etwas verspätet wohlgemerkt – an bewährte Nachkriegsinstitutionen der Avantgarde wie die Donaueschinger Musiktage, die Darmstädter Ferienkurse oder die Wittener Tage für neue Kammermusik anschließen?

Von Nomenklatur und Dauer einmal abgesehen, gibt es auch sonst einige Verschiebungen. So ist Ultraschall, Pardon, Ultraschall Berlin – zusätzlich zum Haus des Rundfunks und dem Radialsystem als gewohnten Orten – an zwei Abenden zum ersten Mal im Hebbel am Ufer (HAU) zu Gast. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, hat sich das Theater doch bei diversen Musikfestivals als Spielstätte bewährt. Sonderbar mutet allerdings an, dass das in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft gelegene CTM-Festival (ehemals Club Transmediale) seit einigen Jahren den Großteil seines Programms ebenfalls dort zu Gehör bringt.

Bisher galt als grobe Orientierung: Ultraschall bietet „traditionelle“, das heißt vorwiegend akademische Neue Musik, CTM in erster Linie außerakademische Experimente. Dem Programm von Ultraschall Berlin nach zu urteilen, hat sich daran nur wenig geändert.

Neben etablierten Avantgardegrößen wie Steve Reich, Elliott Carter, Olga Neuwirth oder Jörg Widmann gibt es eine Reihe jüngerer Komponisten, unter anderem aus Norwegen und Schweden, mit Werken für mehr oder minder geläufige Besetzungen. Doch mit dem HAU hat Ultraschall mittlerweile den zweiten Ort erschlossen, an dem sich zuvor der CTM etabliert hat: Zum zweiten Mal spielt Ultraschall auch im Berghain – im vergangenen Jahr warb das Festival in seinen Ankündigungen gar mit einem Foto des Clubs. Der „Prolog“, mit dem Ultraschall am Freitag dort den seit 1963 am 17. Januar abgehaltenen „Art’s Birthday“ beging, wies denn auch inhaltlich große Nähe zum CTM auf: Die norwegische Klangkünstlerin Jana Winderen, die ihre Komposition „Out of Range“ im Surround-Sound darbot, hatte vor zwei Jahren einen ähnlichen Auftritt beim CTM-Festival.

Dass das Berghain in den zehn Jahren seines Bestehens vom sexuell freizügigen Techno-Tempel zur Hochkulturinstitution erweitert wurde, wundert schon längst keinen mehr. Komisch wird es lediglich, wenn irgendwann alle Klassikveranstalter das Berghain buchen wollen. Einerseits festigt das die sich abzeichnende Monopolstellung des Berghain im kulturellen Leben der Stadt – das MaerzMusik-Festival hat den Club ebenfalls längst für sich entdeckt –, andererseits trägt genau diese Entwicklung zur Provinzialisierung Berlins bei. Ultraschall täte gut daran, sein Profil auch geografisch zu schärfen und nicht die Unterschiede zum CTM-Festival optisch zu verwischen. Oder hofft man auf eine neue Zielgruppe? So ganz ersichtlich wird noch nicht, wohin der Weg führen soll. TIM CASPAR BOEHME

■ Ultraschall, 22.–26. 1., verschiedene Orte, ultraschallberlin.de