Spielfilm "DeAD": Heile Welt am Ende

Der Hamburger Regisseur Sven Halfar erzählt in „DeAD“ vom Zusammenbruch einer Vorstadt-Idylle. Trotz einiger Längen ist ihm ein eigener Tonfall gelungen.

"Pulp Fiction" in einer Hamburger Variante: Elmer (links, Niklas Kohrt) und Patrick (Tilman Strauß) beim Einkaufen. Bild: Skalar Film

HAMBURG taz | Die Mutter hat sich erhängt. Zu sehen sind nur ihre Beine, die den Boden nicht mehr berühren. Der junge Mann, der in Tränen ausbricht, trägt Lederjacke, Rockabilly-Tolle und Totenkopfring. Danach steigt er in ein Cabriolet amerikanischer Bauart und fährt in seine Absteige am Hamburger Stadtrand. Im Film „DeAD“ des Hamburger Regisseurs Sven Halfar sind von Anfang an die Verhältnisse verrutscht: Alles ist krasser, cooler und machomäßiger als in der wirklichen Welt. Hamburg und seine Einwohner sind die Kulisse für eine B-Movie-Parodie.

Aber der Spaß hört schnell auf. Der junge Mann namens Patrick bricht mit seinem ebenso schrägen Freund Elmer auf, den Tod der Mutter zu rächen. Sie suchen das Einfamilienhaus des Schuldirektors Reimund auf und eröffnen ihm, dass Patrick sein Sohn sei. Reimund, der gerade seinen 60. Geburtstag feiern will, muss es glauben: Vor allem als junger Mann war er mit so vielen Frauen im Bett, dass er den Überblick verloren hat.

Der Film braucht einige Zeit, bis er diese Situation erreicht. In der ersten Hälfte wirkt er wie eine Hommage an Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“, in der zweiten erinnert er an Stanley Kubricks „Clockwork Orange“. Die Familienfeier in der Vorstadt ist ein Kammerspiel einer sich langsam steigernden Gewalt. Unter dem Einfluss von Patrick und Elmer entwickelt sich die Familienfeier zu einem Horrortrip mit Todesfolge. Allzu viel muss der verlorene Sohn dafür nicht tun, denn Reimunds bürgerliche Existenz ist natürlich nur eine Fassade, hinter der sowieso schon etliches im Argen liegt. Seine aktuelle Frau beispielsweise hat schon längst ihr Vertrauen verloren.

Regisseur Halfar erzählt diese Geschichte mit einem Tonfall, der zugleich von ehrlicher Wut und der Lust an der Überzeichnung geprägt ist. Seinem Film tut das nicht immer gut: Er braucht einen langen Anlauf, bis jene Atmosphäre der Bedrohlichkeit etabliert ist, die das Charakteristische des Films ist.

Dass es diesen Film überhaupt gibt, ist bemerkenswert. Regisseur Sven Halfar und die Produzentin Rike Steyer haben ihn ohne Förderung gedreht, sie hatten für den Dreh nur eigenes Geld und Mittel von Sponsoren. Für die Crew und die Schauspieler gab es keine Gage. Es sei ein Film, „wie man ihn nur einmal im Leben macht“, sagt Steyer.

Was es für die Schauspieler allerdings gab, das war „die Freiheit, ihre Rollen zu entwickeln“, sagt Halfar. Für ihn selbst bedeutet der Film die Chance, sich seiner eigenen Biografie zu stellen: „Ich bin selbst ohne Vater groß geworden und habe mir vorgestellt, dass ich ihn eines Tages mal besuche.“

Dass es gelungen ist, ohne Finanzierung derart gute Schauspieler und ein so professionelles Team zu gewinnen, ist respektabel und erfreulich: Es geht etwas hierzulande – unabhängig vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

„DeAD“: ab 13. 2., im Norden im Abaton, Hamburg, Cinema Ostertor, Bremen und Cinemotion Kino, Bremerhaven
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