Lagerfeld-Schau im Folkwang-Museum: Bühne für die Selbstvermarktung

Die Essener Institution hat Aufmerksamkeit nötig, und eine Lagerfeld-Ausstellung kommt da gerade recht. Doch das Folkwang gerät zum bloßen Showroom.

Ein White Cube für den Diätcola-Trinker Karl: Eingangsbereich des Folkwang-Museums. Bild: imago/Kolvenbach

Glanzvolle Tage erlebte das Essener Museum Folkwang seit seiner Neueröffnung im Kulturhauptstadtjahr nicht allzu viele. Heute Abend hat sich immerhin Karl Lagerfeld zur Eröffnung einer Ausstellung angekündigt, die einen Blick auf sein vielfältiges Schaffen als Kreativdirektor von Häusern wie Chanel und Fendi, als Fotograf und Sammler gewährt. Vielleicht vermag der glamouröse Weltstar die trübe Stimmung im Chipperfield-Bau ein wenig zu heben.

In der vergangenen Woche geriet das Museum in die Schlagzeilen, nachdem es eine Schau mit Polaroids des französischen Künstlers Balthus abgesagt hatte. Dabei machte das Haus nicht etwa einen Rückzieher, weil die Fotos ein Kind in lasziven Posen zeigen, sondern aus Angst vor einer gerichtlichen Schließung. Die wollte Direktor Tobia Bezzola unbedingt vermeiden. Denn mangelnde Besucher zählen neben der chronischen Unterfinanzierung zu den großen Problemen des Hauses.

Als der Steidl Verlag dem Museum eine Ausstellung über Lagerfeld anbot, griff Tobia Bezzola zu. Der zugkräftige Name verspricht viel Aufmerksamkeit, und er könnte ein neues Publikum ansprechen. Warum auch nicht? Dazu ist man mit den Buchmachern aus Göttingen seit Längerem geschäftlich verbandelt. In der Edition Folkwang erscheinen fast alle Kataloge des Hauses. Bei Steidl führt Karl Lagerfeld ebenfalls zwei Imprints.

Bis 11. Mai: Karl Lagerfeld, „Parallele Gegensätze. Fotografie – Buchkunst – Mode“, Museum Folkwang Essen. Katalog (Steidl) 20 Euro.

Lediglich ein Mitarbeiter als Projektleiter

Man kennt sich also bestens. In Absprache mit dem Modemacher holte Verleger Gerhard Steidl als zweiten Kurator Eric Pfrunder ins Boot, den Bildchef des Modehauses Chanel. So lässt sich ein durch öffentliche Gelder finanziertes Haus das Steuer aus der Hand nehmen.

Vom Museum Folkwang wurde lediglich ein Mitarbeiter als Projektleiter abgestellt. Ihm obliegen die Koordination und Organisation der Ausstellung vor Ort. Über den Inhalt bestimmt indes das Trio. Sie sind es, die den Zugang zu den Exponaten haben. Und sie sind es, die aus langjähriger Erfahrung wissen, wie die Modeikone Lagerfeld im besten Licht zu inszenieren ist.

Aber ein städtisches Kunstmuseum ist keine Bühne für die Selbstvermarktung von Privatfirmen. Auch dann nicht, wenn die Unternehmen Kulturgüter produzieren und sich finanziell beteiligen. Solange kommerzielle Eigeninteressen im Spiel sind, ist ein selbstkritischer und distanzierter Blick nicht möglich. Die wissenschaftliche Aufbereitung ist Aufgabe eines Museums. Derweil gerät das Folkwang zum zweifachen Showroom. Denn in der Ausstellung ist ein Shop eingerichtet, in dem Publikationen von Lagerfeld verkauft werden. Ganz wie in einem Firmenmuseum.

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