Jenseits der Klischees

GEGENBEWEGUNG In der Reihe „Balkan Cinema“ werden in Bremen Filme gezeigt, die sich mit den Lebensbedingungen der Roma in Südosteuropa beschäftigen

Dass der Balkan ein permanenter Krisenherd ist, machen die täglichen Nachrichten über die Ukraine deutlich. Beunruhigend ist, dass ultrarechte Bewegungen in Südosteuropa Aufwind bekommen und sich ein fremdenfeindlicher Nationalismus ausbreitet. Eine Gegenbewegung lässt sich am ehesten bei den Künstlern ausmachen und so gibt es eine ganze Reihe aktueller politischer Filme aus der Region. In dieser Woche zeigt der Verein Terra Nostra in Kooperation mit dem City 46 vier Filme aus Ungarn, Tschechien, Rumänien und der Ukraine, die meisten laufen zum ersten Mal in Bremen.

Los geht’s mit „My Dog Killer“ von Mira Fornay, dem diesjährigen Oscar-Beitrag aus Slowenien. Der Protagonist ist ein 18-Jähriger, der an der tschechisch-slowakischen Grenze lebt und mit rechten Nationalisten sympathisiert. Als er erfährt, dass seine Mutter mit einem Rom zusammenlebt und er einen Halbbruder aus dieser Verbindung hat, wird sein Weltbild zerstört und das treibt ihn zu einer katastrophalen Entscheidung. Mit viel Mitgefühl für ihre Figuren zeigt Fornay, wie stark hier das Misstrauen gegenüber den westeuropäischen Demokratien ist.

Der Spielfilm „Just the Wind“ von Bence Fliegauf basiert auf der wahren Geschichte einer Mordserie, der in Ungarn acht Roma zum Opfer fielen. Die Täter sind entkommen und eine Roma-Familie aus dem Dorf lebt in ständiger Angst. Der Vater ist in Kanada und im Dorf hilft niemand der Frau, den Kindern und dem Großvater. Fliegauf zeigt, wie sich langsam eine Pogromstimmung aufbaut. Der Film gewann auf der Berlinale 2013 einen silbernen Bären.

Der Film „Police, Adjektive“ von Corneliu Porumboiu bietet eine Innensicht des herrschenden Systems in Rumänien. Ein junger Polizist wird vom Polizeichef und dem Staatsanwalt dazu gedrängt, einen Minderjährigen zu verhaften. Doch der Polizist zweifelt an der Justiz und wird zum geheimen Verbündeten des vermeintlichen Straftäters.

In seinem Dokumentarfilm „Valley of Sighs“ untersucht Mihai Andrei Leaha die Umstände, unter denen von 1943 bis 1945 rund 25.000 Roma vom rumänischen Diktator Antonescu nach Moldavien deportiert wurden. Die Hälfte von ihnen kam dabei um. 70 Jahre später hat Leaha die wenigen noch Überlebenden getroffen und sie gebeten, von ihren Erlebnissen zu erzählen. Der Regisseur wird am Dienstag um 20 Uhr seinen Film persönlich vorstellen.  HIP

„Balkan Cinema“: 24. bis 30. April, City 46, Birkenstraße 1, Bremen. Alle Filme und Termine gibt es auf www.balkancinema.de