UNTERM STRICH

Die neue Pariser Philharmonie kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Zwar wurde das Gebäude am Mittwochabend eröffnet, aber seine Außenfassade ist bis jetzt unvollendet, Baukräne stehen herum, im Inneren gibt es unversiegelte Parkettböden. Deshalb boykottierte der Architekt Jean Nouvel den Galaabend zur Eröffnung. Die architektonischen und technischen Anforderungen seien noch nicht erfüllt, schrieb der 69-jährige Stararchitekt in einem von ihm verfassten Artikel in der Tageszeitung Le Monde. Die 23.000 Quadratmeter große Philharmonie im Nordosten von Paris sorgt schon länger für Schlagzeilen.

Das futuristisch anmutende Gebäude im Parc de la Villette gleicht riesigen, ineinandergeschobenen Steinplatten oder einem Piratenhut. Die Alufassade besteht aus 340.000 Vogelmotiven, die aus der Ferne glänzen wie Fischschuppen. Von dem 37 Meter hohen Dach soll der Besucher einen Blick auf ganz Paris haben – nach Ende der Bauarbeiten. Die sechsgeschossige Philharmonie umfasst fünfzehn Proberäume unterschiedlicher Größe, ein Zentrum für Musikausbildung sowie ein Restaurant und Bars. Das Herz des „Centre Pompidou de la musique“ bildet der große Saal mit 2.400 Sitzplätzen. Durch die ovale Form hat man von jeder der frei schwebenden und wellenförmigen Galerien Blick auf die zentrale Bühne.

Bereits vor der Grundsteinlegung im Jahr 2008 sorgte die Philharmonie für Aufsehen. Vor allem das Publikum des Salle Pleyel – des bis zum Bau der Philharmonie einzigen großen symphonischen Konzertsaals der französischen Hauptstadt – protestierte, denn das neue Flaggschiff für Musik liegt in einem Arbeiterviertel an der Peripherie. Die Eröffnung wurde immer wieder verschoben. Auch die Baukosten verteuerten sich von 200 Millionen Euro auf mehr als 380 Millionen. Nouvel schrieb, er habe wegen der Geringschätzung seiner Arbeit die feierliche Eröffnung boykottiert.