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: Es kommt zu Hauen und Stechen

„Epilog. Das Geheimnis der Orplid“ (BRD 1951; Regie: Helmut Käutner)

Das deutsche Kino der Nachkriegszeit wurde, wie es dann war, weil das Publikum kein anderes wollte. Alternative Entwürfe zu Heimatschnulze und Eskapismus hat es durchaus gegeben, aber nicht nur Peter Lorres herausragendes Werk „Der Verlorene“ sank 1951 an den Kassen wie Blei. Nicht besser war es im Jahr zuvor dem Film „Epilog. Das Geheimnis der Orplid“ ergangen, produziert von Artur Brauner, Helmut Käutner führte Regie. Mit Fritz Kortner, O. E. Hasse, Peter van Eyck, Carl Raddatz und Paul Hörbiger spielten ein paar der prominentesten Figuren des deutschen Kinos, die sogar, weil sie das Projekt überzeugte, für wenig Geld unterschrieben. In den Wettbewerb von Venedig hat der Film es geschafft, in den Kinos soff er dann ab wie das Schiff, auf dem er die meiste Zeit spielt.

Dabei war „Epilog“ sogar als echter Publikumsreißer gedacht. „Wahnsinniger legt Bombe auf Schiff“ – dies der eine Satz, den Produzent Brauner den Drehbuchautoren Robert A. Stemmle und Helmut Käutner auf den Weg gab. Als Inspiration galt der damalige Riesenerfolg „Der dritte Mann“, mehr als ein atmosphärischer Politthriller sollte auch „Epilog“ gar nicht sein, schließlich hatte Brauner mit dem 1948 entstandenen „Morituri“, der die Verbrechen der Nazis ausdrücklich thematisierte, viel Geld verloren (siehe taz vom 21. 8. 2014). Käutner und Stemmle machten eine ziemlich komplizierte Geschichte aus Brauners simpler Idee – zu kompliziert, sie hier zu rekapitulieren. Sie vergaßen dabei nicht, sie mit vergangenheitspolitischen Untertönen auszustaffieren. Das war vermutlich der Fehler.

Ein Reporter ermittelt in der Sache eines verschwundenen Schiffs namens Orplid. An Bord: eine Hochzeitsgesellschaft, vor allem Artisten. Erwähnt wird, dass dieses Schiff einst einer Nazigröße gehörte, da dachte damals jeder an Hermann Görings Yacht Carin II. Zumal auch Fritz Kortner als Waffenverkäufer, Zigarreraucher und zynischer Drahtzieher in erotischen wie anderen Dingen physiognomisch Göring nicht sonderlich fern steht.

Auf dem engen Raum des Schiffs legt das Buch nun die unterschiedlichsten Fährten. Die Hochzeit ist arrangiert, die Braut hasst den Bräutigam und liebt den von Kortner gespielten P. L. Hoopman. Dessen Gattin ist mit ihrem Liebhaber ebenfalls mit an Bord. Außerdem dabei: das Malaienmädchen Leata, das was mit einem als Klavierspieler auftretenden Spion (Carl Raddatz) hat, dem aber auch ein als Steward camouflierter FBI-Agent (Peter van Eyck) gut gefällt.

Zunächst herrscht noch Feierlaune auf der Orplid, wobei die bösen Untertöne nicht fehlen. Sobald aber klar ist, dass eine Bombe tickt, kippt die Stimmung. Erst wird der Falsche beschuldigt, dann wird so panisch wie vergeblich nach der Bombe gesucht. Inzwischen ist auch ein Waffenhändler an Bord, der sein schon unter den Nazis begonnenes Geschäft ungerührt weiter betreibt. Es kommt zu Hauen und Stechen, das Schiff schwankt dazu, den Rest ihres letzten Stündleins verbringt die Endzeitgesellschaft entsetzt, erschöpft, verzweifelt, besoffen.

Helmut Käutner hat sich bei diesem Film ausdrücklich nicht als Künstler begriffen, er wollte nur gutes Handwerk abliefern. Das ist sehr gut so, denn künstlerisch hieß bei ihm schnell mal verschmockt. Und verschmockt ist hier nichts. „Epilog“ ist illusionslos, fast schon noir, dabei auf engem Raum virtuos inszeniert. Am Ende schließt sich im Paternoster der Kreis: Die Binnenhandlung attackiert die Rahmenerzählung. Gut aus geht es hier wie da nicht. EKKEHARD KNÖRER

■ „Epilog“ ist für rund 10 Euro im Handel erhältlich