Fußball - Lyon vs. Nancy: Krösus und die Kleinen

In Frankreich fallen so wenige Tore wie in keiner anderen Topliga Europas. Beim 1:1 von Dauermeister Lyon bei Verfolger Nancy wird immerhin guter Fußball geboten.

Duell auf Augenhöhe: Lyons Kim Kallström im Kopfballduell mit Issiar Dia vom AS Nancy. Bild: reuters

Sie hatten prima gespielt, sogar ihre beste Saisonleistung gezeigt, und so zu einer der drei besten Begegnungen der Hinrunde überhaupt beigetragen, wie überregionale Journalisten behaupteten. AS Nancy, der Klub, der vor der Saison gar nicht erst versuchte, gestandene Spieler einzukaufen und in treuherziger Bescheidenheit kundtat, man wolle nicht "das niedrige Gehaltsgefüge sprengen". AS Nancy, der Klub, der statistisch gesehen gegen den Branchenprimus chancenlos hätte sein müssen: 6 statt 17 Nationalspieler, ein Etat von 30 statt von 145 Millionen, kein Champions-League-Spiel statt derer 72. Und dennoch: Nach dem 1:1 sah man beim Tabellenzweiten nicht den geringsten Grund, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Nicht Nancys uruguayischer Trainer Pablo Correa, der "das Ergebnis enttäuschend" fand. Und schon gar nicht Mittelfeldmann Chris Malonga, der es "mehr als bitter" gefunden hätte, "wenn wir heute nicht wenigstens einen Punkt geholt hätten. Wir waren klar überlegen." Immerhin, so der Schütze zum 1:1-Ausgleich, "drei-, viermal gut gekontert" habe der Gast, "und der ist halt immer noch Lyon, also werden wir nicht auf den Punkt spucken".

In der Tat hatten die Hausherren im fast ausverkauften Stadion Marcel Picot das Hauptverdienst an einem hochklassigen Spiel mit durchdachten Kombinationen und reichlich Torraumszenen. Letzteres ist eher untypisch für eine Liga, die nicht von ungefähr mit durchschnittlich 2,21 Treffern pro Spiel mit Abstand den geringsten Toreschnitt der fünf europäischen Topligen aufweist.

Unter den Augen von Dauerkartenbesitzer Aldo Platini - Sohn Michel ist mit 98 Treffern immer noch Nancys erfolgreichster Torschütze - erwies sich besonders die linke Abwehrseite der Lyoner als anfällig. Dort ließ sich Weltmeister Fabio Grosso immer wieder vom flinken Kim blamieren. Wenn Lyon gefährlich wurde, dann auf beeindruckende Art und Weise. Der schnellste Weg von Tor zu Tor führt nun mal nicht über die Außenbahnen. Einen der drei aus dem Nichts in die Spitze durchgesteckten Bälle vertändelte der eingewechselte Milan Baros (43.) nur knapp. Zu Beginn der zweiten Hälfte entschloss sich die Stadionregie, über die leuchtenden Banden Werbung einzuspielen ("Regina, das Toilettenpapier, das nicht mehr aufhört"), die so gar nicht zum hohen Niveau des Spiels passen wollten. In der 80. Minute erzielte Lyons Milan Baros nach einem in aller Professionalität zu Ende gespielten Konter die Führung für Lyon.

Die hätte normalerweise den Endstand bedeutet - auch in Frankreich hat sich das dominierende Team des Jahrzehnts den Nimbus erarbeitet, nicht immer gut zu spielen, aber meist zu gewinnen. Doch in dieser so unverdrossen selbstbewussten Lothringer Mannschaft legte man noch etwas Energie zu. Nach einem Eckball von Benjamin Gavanon pumpte Malonga seine Wut in einen einzigen Schuss und erzielte damit den 1:1-Ausgleich, der landesweit mit Erleichterung aufgenommen worden sein dürfte. Wäre es beim 0:1 geblieben, wäre Lyon auf sieben Punkte enteilt. So bleibt es beim Vier-Punkte-Abstand auf Nancy, das - so viel Bescheidenheit geht dann doch - "natürlich weiß, dass wir nicht um den Titel mitspielen", wie Trainer Correa noch zu Protokoll gab.

Da diese Aussage - mit Ausnahme von Lyon-Coach Alain Perrin - auch alle anderen französischen Erstligatrainer faktengestützt so treffen würden, dürfte am Ende der Saison für OL der siebte Meistertitel in Folge stehen. Zuletzt gab es in Frankreich im Jahre 2001 einen anderen Meister zu begutachten als den einzigen börsennotierten Klub Frankreichs. Doch der damalige Meister AS Nantes spielt seit dieser Saison in der Zweiten Liga, ähnlich spektakulär ist der Absturz anderer Klubs: Monaco dümpelt im Mittelmaß herum, Marseille ist nicht weit von den Abstiegsrängen entfernt, bei Paris St. Germain, das weite Teile der Hinrunde auf einem Abstiegsplatz verbrachte, klafft die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit heuer noch weiter auseinander als üblich. So wundert es in Frankreich kaum jemanden, dass mit Le Mans, Caen, Valenciennes und Nancy vier Klubs auf den Plätzen zwei bis sechs rangieren, deren Etats zu den geringsten der Liga gehören.

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