Frauenfußball: Ehrgeiz in der Bude

Die Elite des Frauenfußballs präsentiert sich bei der inoffiziellen deutschen Hallenmeisterschaft in familiärer Atmosphäre. Nächstes Jahr soll das Turnier eine Nummer größer werden.

Bundestrainerin Silvia Neid fände eine kleinere Frauenfußballbundesliga feiner. Bild: dpa

BONN taz Hätte ein Experte für Öffentlichkeitsarbeit das Konzept für das Frauenfußballturnier in der Bonner Hardtberghalle erdacht, er wäre ein Kandidat für den deutschen Public-Relations-Preis. Seit 14 Jahren spielen die besten deutschen Teams eine Art inoffiziellen Hallenmeister in der engen Arena aus, und weil der WM-Titel von China den Spielerinnen zu nie gekannter Popularität verhalf, geriet der Samstagnachmittag von Bonn zu einer gelungenen Mischung aus hochklassigem Sport und locker inszenierter Vollversammlung des Frauenfußballs mit Weltmeisterinnen zum Anfassen.

Frauenfußballaktivist und DFB-Präsident Theo Zwanziger war natürlich ebenso gekommen wie Bundestrainerin Silvia Neid und WM-OK-Chefin Steffi Jones. Praktisch die gesamte weibliche Fußballprominenz tummelte sich in der kleinen Halle, bis auf die für einen schwedischen Klub spielenden Ariane Hingst und Nadine Angerer sowie die kranke Sandra Smisek waren auch sämtliche Heldinnen von China anwesend. Sie plauderten mit den Zuschauern, schrieben fleißig Autogramme, flirteten mit kleinen Kindern und zeigten zwischendurch natürlich auch ihre Fußballkunst. Was bei den Männern als "Budenzauber" abgetan wird, hat sich bei den Frauen zu einer Veranstaltung mit Substanz entwickelt.

Das hat mittlerweile auch der DFB erkannt. Neuerdings betrachtet der Verband den Hallenpokal als Möglichkeit, eine Nische zu besetzen, die der Männerfußball freigemacht hat. Dort hat das schnelle Spiel auf dem Kunstrasen kontinuierlich an Bedeutung verloren. Die meisten Stars vom Feld mieden Auftritte in der Halle ohnehin schon immer. Wegen der angeblichen Verletzungsgefahr.

Die Fußballerinnen betrachten das Turnier hingegen nicht als störenden Termin inmitten der ruhigen Winterwochen, in Bonn ging es mit enormem Ehrgeiz zur Sache. Weil ihr Team schon im Viertelfinale ausschied, war Nationalspielerin Melanie Behringer vom SC Freiburg "richtig genervt", als sie die Paarungen für das Pokalhalbfinale im Freien (Bayern München - FFC Frankfurt und TuS rechtsrheinisch Köln - 1. FC Saarbrücken) ausloste. Und Bianca Schmidt vom Turniersieger Turbine Potsdam bezeichnete den 2:1-Sieg im Finale gegen den FCR Duisburg als "Ausgleich dafür, dass es auf dem Feld in dieser Saison nicht so optimal läuft". Die Spitzenteams der Bundesliga dominierten auch in Bonn, und die Nationalspielerinnen schossen Tore am Fließband. Geschont hat sich wirklich niemand.

Für die Frauen ist das Turnier von solch großer Bedeutung, weil ihrem Klubfußball nur selten eine größere öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird. Die Bonner Kulisse mit 2.600 Zuschauern ist immer noch eine Besonderheit, "gerade die Nichtnationalspielerinnen können sich hier wunderbar zeigen und genießen es auch, live im Fernsehen zu spielen", sagte Bundestrainerin Neid.

Der DFB möchte die Potenziale des Turniers nun weiter ausschöpfen. Erstmals trat der Verband als Veranstalter auf, die Antrittsprämie für die zwölf Klubs wurde von 1.500 auf 10.000 Euro erhöht. Nächstes Jahr soll das Turnier in eine größere Halle umziehen. Er sei "kein Traumtänzer", sagte Zwanziger, "eine volle Halle mit 4.000 Leuten" sei ihm lieber als eine "halb gefüllte" Großarena. Interessierte Städte mögen sich zu bewerben.

Bestenfalls soll sich das Turnier sich zu einem hilfreichen Instrument auf der großen Frauenfußballmission entwickeln, die der DFB in den Jahren bis 2011 erfüllen möchte: "Nach der WM muss eine stärkere, attraktivere und ausgeglichenere Bundesliga da sein", sagte der DFB-Präsident. "Das ist der Sinn dieser WM. Wenn wir diese Nachhaltigkeit nicht im Blick haben, dann haben wir etwas verschlafen."

Wie genau der gegenwärtige Boom für die Liga nutzbar gemacht werden könnte, ist indes noch eine kontrovers diskutierte Frage. "Mein Vorschlag ist, die Bundesliga zu verkleinern, da hätten wir eine größere Leistungsdichte", erläuterte Neid, die glaubt, dass eine offenere Tabellenkonstellation auch das Interesse des Fernsehens am Klubfußball beleben könnte. Den Einwand, dass die schwächeren Klubs solch ein Konzept aus Angst vor dem Abstieg wohl nicht mittragen würden, entgegnete sie: "Das ist der Egoismus, den ich kritisiere, wir müssen endlich überlegen, was für den Frauenfußball insgesamt gut ist." In Bonn tummelten sich die Menschen, die genau darin ihre vordringliche Aufgabe der kommenden Jahre sehen.

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