Olympia-Eisschnelllauf: "Scheiße an der Backe"

Stephanie Beckert versilbert ihr Olympiadebüt, während eine erfahrene Kollegin leer ausgeht. 0,03 Sekunden fehlten Daniela Anschütz-Thomas für ein Plätzchen auf dem Treppchen.

Stephanie Beckert beim 3.000 Meter Lauf in Vancouver. Bild: dpa

VANCOUVER taz Man sieht es Stephanie Beckert zwar nicht auf Anhieb an, doch in der blonden Erfurterin schlummert eine echte Partylöwin. Die zeigt sich zumindest dann, wenn andere die Party schmeißen und sie dazu übers Eis zischen kann. So wie am Sonntagnachmittag im Richmond Olympic Oval, wo Kanadier und Niederländer ordentlich Rambazamba auf den Tribünen machten. "Erst einmal", erzählte Beckert, "habe ich mich tierisch gefreut, dass ich die Kanadierin als Gegnerin bekommen habe." Die Kanadierin namens Kristina Groves, die vor ihr so lange Tempo machte, bis die 21-jährige Deutsche sie über 3.000 Meter auf der letzten Bahn ein- und überholte.

Der Lohn: Hinter der in einer Extraklasse dahinfegenden Siegerin Martina Sablikova kam Beckert zu Silber - und Beckert jauchzte frech dazu: "Das war eine herrliche Stimmung." Und nicht nur die von Oranje unterstützten Olympia-Gastgeber meinten es gut mit ihr, sondern auch die fliegengewichtige Überfliegerin Sablikova, die bei 171 Zentimeter Körpergröße zarte 53 Kilogramm auf die Waage bringt. Über zwei Sekunden schneller war die 22-Jährige im Vergleich zu Beckert (172/69) - und prophezeite für das nächste Duell über 5.000 Meter: "Ich denke, es wird ähnlich wie heute ausgehen. Doch, Stephanie wird definitiv wieder meine schärfste Konkurrentin sein."

Da verließ Daniela Anschütz-Thomas die Eislaufhalle im Süden von Vancouvers Downtown gerade. Nicht durch den Hinterausgang, aber doch mit einem Gefühl verzweifelter Ohnmacht, das ihr in den letzten Jahren so unangenehm vertraut geworden ist. Als Vierte flitzte über den Zielstrich - die 35-Jährige, die bei ihren dritten Winterspielen nun immer noch auf jene Einzelmedaille wartet, die die 14 Jahre jüngere Stephanie Beckert gleich bei ihrer Olympia-Premiere abstauben konnte. Einen Wimpernschlag von 0,03 Sekunden war sie weniger schnell über das Eis gesaust als Bronzemedaillistin Groves. "Ich akzeptiere jede Niederlage, wenn andere schneller sind. Aber bei drei Hundertstel ist es schwierig für mich, das zu verstehen", schluckte Anschütz-Thomas und meinte: "Ich hab die Scheiße einfach an der Backe kleben. Anders kann ich das nicht sagen."

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