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: Warmspielen für den Winter

EISHOCKEY Bei der European Trophy sind die Berliner Eisbären auf Kurs Richtung Finalrunde

Es war schon etwas befremdlich: Eigentlich befinden sich die Eisbären Berlin ja noch in der Vorbereitung auf die am 3. September beginnende Eishockeysaison. Am Samstagnachmittag, als die Sonne noch einmal für hochsommerliche Temperaturen sorgte, strömten jedoch 7.200 Menschen in die Arena am Ostbahnhof, um sich die Partie zwischen den Eisbären Berlin und dem schwedischen Vizemeister Djurgarden IF anzusehen. Die Gastgeber gewannen mit 4:2. Bereits am Vortag waren am selben Ort 8.000 Eisbären-Fans zusammengekommen und hatten einen 5:2-Sieg ihres Teams gegen den ebenfalls aus Schweden kommenden Club Färjestads BK bejubelt.

Der Auflauf der Wintersportfans bei sommerlicher Hitze ist einem Experiment geschuldet. Die europäischen Spitzenklubs haben sich nach dem finanziellen Scheitern der nur ein Jahr dauernden Champions League entschieden, selbst ein Turnier zu organisieren, unabhängig vom Weltverband. Impulsgeber waren die skandinavischen Klubs. Weil der Terminkalender der Vereine so dicht ist, findet nun erstmals die European Trophy statt. Beteiligt sind 18 Teams aus sieben Ländern, die in zwei Gruppen die besten vier ermitteln. Anfang September sollen diese den Sieger in Salzburg ausspielen. Zu den deutschen Repräsentanten zählen neben den Eisbären Adler Mannheim.

So kurz vor der Saison ist das eine extreme Zusatzbelastung. Die Müdigkeit war den Eisbären am Samstag auch anzusehen. Dennoch bogen sie im letzten Drittel mit großer Willensstärke das Spiel und einen 1:2-Rückstand noch um. Vier Partien von sechs haben sie nun gewonnen. Die Aussichten auf eine Reise nach Salzburg stehen gut.

Doch wozu dieser Druck des Gewinnenmüssens in der Vorbereitung? Manager John Lee sagte: „Wir können in diesen Partien gegen so gute Gegner unheimlich viel lernen.“ Einen nachteiligen Effekt der kämpferisch sehr intensiv geführten Begegnungen für die Saison fürchtet er nicht. Wobei Hardy Nilsson, der Trainer der Gäste, zu dieser Frage bemerkte, er sei schon froh, dass sein Team im Unterschied zu den Deutschen nach der European Trophy noch zwei Wochen Zeit zur Regeneration habe.

Möglicherweise schaden sich also die Eisbären mit der Teilnahme an diesem Turnier selbst. Zumindest kurzfristig. Lee jedoch denkt bildhaft weiter. „Mit der deutschen Meisterschaft haben wir einen Berg zu besteigen. Jetzt ist da aber noch ein anderer Berg. Das ist sehr interessant.“ Die European Trophy müsse aber noch weiterentwickelt werden. Geld gibt es bei diesem Turnier noch nicht zu verdienen. Der Gewinner, schätzt Lee, käme knapp in die schwarzen Zahlen. Die meisten müssten mindestens 20.000 Euro draufzahlen.

Sollte die European Trophy von den Zuschauern, Medien und Sponsoren gut angenommen werden, könnte der Wettbewerb in den nächsten Jahren zu einer lukrativen Einnahmequelle werden. Vor einigen Monaten kursierte gar das Gerücht, die Teilnehmer der European Trophy planten in zwei Jahren zugunsten eines kontinentalen Wettbewerbs bald auf ihre nationale Meisterschaften zu verzichten. Doch der Kanadier Lee behauptet: „Für uns bleibt die deutsche Liga die Nummer eins.“

Es dürfte aber problematisch werden, künftig neben dem ausladenden Spielplan der Deutschen Eishockey-Liga und der jährlichen Weltmeisterschaft einen weiteren Wettbewerb im Kalender unterzubringen. Um die European Trophy aufzuwerten, wird man ihr den sommerlichen Vorbereitungscharakter nehmen müssen. JOHANNES KOPP