Mia san nun doch a bisserl verunsichert

FUSSBALL Der FC Bayern München findet nach dem 0:2 in Dortmund und dem miserablen Saisonstart langsam zu sich: Präsident Uli Hoeneß mosert fast schon wie in alten, adrenalingeschwängerten Zeiten

DORTMUND taz | Uli Hoeneß ist gereift, seit er sich ins Präsidentenamt des FC Bayern wählen ließ. Früher, als Manager, hätte er wild herumgefuchtelt während so einer fürchterlichen Niederlage wie dem 0:2 in Dortmund, die Zornesröte hätte seine Wangen eingefärbt, und später wäre er innerlich kochend, aber wortlos in der Nacht verschwunden. In Dortmund jedoch ertrug er das Grauen stoisch, und anschließend lieferte er eine sauber austarierte Analyse zwischen Emotion und kühl kalkulierter Kritik. Hoeneß scheint schon seit längeren unzufrieden zu sein mit dem Umgang einiger Spieler und des Trainers mit der Krise. In den schwarz-gelben Katakomben des Westfalenstadions ließ er seinen Gedanken nun freien Lauf. „Es ist endgültig der Zeitpunkt gekommen, dass wir den Mantel der Nächstenliebe weglegen und die Dinge deutlich ansprechen“, sagte er. Die Niederlage und die Tabellensituation seien „für den FC Bayern der Super-GAU“.

Diese Worte klangen gewaltig, sie waren jedoch keineswegs nur vom Adrenalin beflügelt. Viel eher handelte es sich um einen bewusst platzierten Affront gegen Louis van Gaal. Denn der Trainer war zuvor von Kamera zu Kamera geeilt, hatte (wie in den vorigen Wochen) auf die mangelhafte Chancenverwertung hingewiesen und viele Worte über die ansonsten gute Leistung in der ersten Hälfte verloren. Hoeneß passt dieser sanfte Umgang mit der verlierenden Mannschaft nicht mehr. „Wir müssen aufhören, ständig mit guter Laune und pfeifend herumzulaufen. Schluss damit“, stieß der Präsident hervor.

Die Ursachen der Krise wähnt er in der vergangenen Saison. „Der ein oder andere Spieler scheint nach Double, Champions-League-Finale und WM in Südafrika nicht mit der Höhenluft zurechtzukommen“, sagte er. So ist nur noch ein verwelkter Rest übrig vom blühenden Thomas Müller der ersten Jahreshälfte, Toni Kroos sucht vergeblich nach seiner Form von Leverkusen, Philipp Lahm wirkt psychisch müde, und Bastian Schweinsteiger musste in Dortmund von seiner gewohnten Position vor der Abwehr ins offensive Mittelfeldzentrum wechseln, wo er kaum etwas bewirkte. Besonders schlimm ist es aber um die Stürmer bestellt. Mit fünf Treffern haben die Münchner weniger Tore erzielt als jeder andere Bundesligist. Das treibt van Gaal in den Wahnsinn.

Vor allem vor dem gegnerischen Tor wirken die Angreifer verunsichert. Die Mia-san-mia-Bayern haben ein Stück ihres alten Schreckens verloren. Hoeneß scheint diese Entwicklung Furcht einzuflößen. „Ich habe mir immer gedacht: Eigentlich müssten die in der zweiten Halbzeit einbrechen – und nicht wir“, meinte der Präsident, schließlich hatten die Dortmunder noch am Donnerstag ein schweres Europapokalspiel absolviert, während der Meister zwei Tage länger regenerierte. „Aber nein, was passiert? Wir waren es, die am Ende nichts mehr draufhatten“, sagte Hoeneß und ließ gemeinsam mit dem Rest der Klubführung den geplanten Besuch des Teams beim Oktoberfest absagen. Die Verlierer mit den müden Köpfen mussten stattdessen trainieren. DANIEL THEWELEIT