PRESS-SCHLAG
: Brät mit Soße

STATUS QUO Alles wie gehabt: Es ist Frauenfußball, und keiner geht hin. Schuld ist die WM

Fehlt nur noch, dass Frauenländerspiele in einem Spartensender mit geringer Reichweite verklappt werden

Endlich hat Silvia Neid das Wesen des Sports erkannt. „Der Sieger ist der King. Der Verlierer ist die Bratwurst“, hat sie jetzt einer Zeitung verraten, die zu Werbezwecken öfter echte Bratwürste abdruckt. Halten wir also fest: Die Fußballerinnen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sind Bratwürste, denn sie haben ja alles andere als eine erfolgreiche Weltmeisterschaft gespielt. Die WM war, um im Bild zu bleiben, für den DFB nicht mehr als Brät mit Soße. Und das Dumme ist, dass dieser Geschmackseindruck nicht so schnell verfliegt. Er hat sich in die Großhirnrinde der Öffentlichkeit geritzt. Damit muss der DFB jetzt leben, zum Beispiel, wenn er heute ein EM-Qualifikationsspiel in Augsburg veranstaltet. Keiner will da so richtig hingehen und sich die BratwürstInnen Grings, Angerer oder Bajramaj anschauen.

Der Kartenvorverkauf lief schleppend. Und auch das Fernsehen war, sagen wir mal, nicht gerade verrückt nach diesem Spiel. Ein Platz im Abendprogramm war jedenfalls nicht drin. Gespielt wird jetzt am Nachmittag, parallel zur Männer-Bundesliga. Fehlt nur noch, dass Frauenländerspiele im Pay-TV oder in einem Spartensender mit geringer Reichweite verklappt werden. Dabei hört man ihn noch, den Nachhall der vollmundigen Erklärungen, der Frauenfußball werde nach dieser WM ein neues Niveau erreichen und in Konkurrenz zum Männerfußball treten. Aber schaut man sich die triste Realität an, dann war das wohl nicht viel mehr als ein schwungvoller Handel mit Zitronen. Irgendwie scheint der Frauenfußball nicht mal mehr jenes Niveau zu erreichen, auf dem er vor der WM wandelte.

Psychologisch ist das erklärbar: Der Fußballfan, meist männlichen Geschlechts, ließ sich zur Gaudi auf das vor allem mediale Großereignis ein, erduldete es, Teil einer großen Blase des Wohlwollens zu sein, um dann, nach deren Platzen, als noch größerer Verfechter des Männer- und Verächter des Frauenfußballs auf den Plan zu treten. Hätte das DFB-Team gewonnen, dann wäre auch beim Zufallspublikum eine, wenn auch kleine, emotionale Bindung zum Frauenfußball entstanden, aber so ist es verdammt einfach, sich wieder zu distanzieren. Denn wer will schon eine Bratwurst sein; das hat die Bundestrainerin völlig richtig erkannt.

Durch den Lauf der Fußballgeschichte müssen nun leider auch die verdienten Fußballspielerinnen Birgit Prinz und Kerstin Garefrekes als Bratwürste abtreten. Sie wären so gern King, das heißt Queen gewesen, aber wer im Viertelfinale gegen Japan verliert, der muss anscheinend damit leben, Bratwurst zu sein.

Interessant wäre freilich, was Uli Hoeneß zu dieser ganzen Bratwurst-Sache sagen würde. Der produziert ja Bratwürste im großen Stil, vor allem die kleinen, knackigen mit Majoran. Für ihn ist Bratwurst und Erfolg kein Widerspruch. Im Gegenteil: Guter Fußball ist selbst mit einem Bratwurstimperium möglich. Auch in dieser Hinsicht kann der Frauenfußball noch sehr viel vom Männerfußball lernen.

MARKUS VÖLKER