Familienbande schlägt Sternchentruppe

GENUGTUUNG Der FC Bayern, im Frauenfußball wahrlich keine große Nummer, bezwingt den Branchenprimus Frankfurt

AUS KÖLN FRANK HELLMANN

Die Lautsprecher auf volle Lautstärke, dann das Repertoire der fröhlichen Lieder abgearbeitet: Es mag musikalisch fragwürdig gewesen sein, was die Fußballerinnen des FC Bayern nach ihrem Überraschungscoup im DFB-Pokalfinale der Frauen in den Katakomben des Kölner Stadions anstellten, aber immerhin sorgte die rührige Abteilung dafür, dass der ruhmreiche Münchner Klub am Pokal-Wochenende nicht ganz leer ausging. Von einem „Eintrag in die Geschichtsbücher“ sprach der smarte Trainer Thomas Wörle, während Managerin Karin Danner („Ich bin über 30 Jahre im Verein und habe so einen Titel noch nie erreicht“) ihr Handy zeigte, das der in Berlin weilende Vorstand Karl Hopfner angerufen hatte, um zu gratulieren.

Die Genugtuung ist nach dem 2:0 gegen Titelverteidiger 1. FFC Frankfurt so gewaltig gewesen, dass nicht einmal die Niederlage der Männer die Freude schmälerte. „Wir sind über uns hinausgewachsen“, stellte der erst 30-jährige Wörle stolz fest, der den Job vor drei Jahren von seinem erkrankten Vater Günther erbte. Frauenfußball unter dem FCB-Dach ist eine familiäre und nur bedingt professionelle Angelegenheit; die Akteure kümmern sich parallel um Schule, Studium oder Ausbildung. Der Coach hat es geschafft, „ein intaktes, soziales Gefüge“ (Torfrau Kathrin Längert) an die Leistungsgrenze zu bringen.

Und dass dabei die erst im Winter verpflichtete US-Amerikanerin Sarah Hagen erst das 1:0 köpfte (63.) und dann das 2:0 von Ivana Rudelic einleitete (90. +1), gab dem erstmaligen Gewinn des nationalen Pokals eine besondere Note. Bei der 22-Jährigen wurde bereits 2005 Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert, „ich musste dreimal eine Chemotherapie machen und habe alle Haare verloren“. Der Tag ihrer Heilung am 6. Mai sei seitdem ihr „zweiter Geburtstag“, erzählte die 1,80 Meter große Stürmerin am Samstag. Wörle würdigte seine Matchwinnern als „beispielhaft für ihren Lebensmut – sie ist ein Sonnenschein und eine richtig gute Kickerin“.

Dagegen hinterließen die Stars und Sternchen im Frankfurter Dress den Eindruck, als hätten sie das Einmaleins dieser Sportart verlernt. Dass sich der Unterhaltungswert eines enttäuschenden Endspiels in überschaubarem Rahmen hielt, war vor allem dem Seriensieger aus der Frauenfußball-Hochburg anzulasten. Wie Frankfurt in dieser Verfassung am Donnerstag die Women’s Champions League gegen Olympique Lyon (18 Uhr/ARD) gewinnen will, scheint ein Rätsel. Manager Siegfried Dietrich versuchte sich in Zweckoptimismus: „Gegen Lyon sind wir nur Außenseiter – vielleicht liegt uns das besser.“ Trotzdem blieben grundsätzliche Fragen. „Wir haben doch eine Topmannschaft“, sagte Fatmire Bajramaj, „da kann man schon erwarten, dass wir besser Fußball spielen.“

Die 24-Jährige selbst sorgte beim Verlierer hinterher für einen Eklat, als sie einräumte, dass sie sich beim Abschlusstraining so schlimm am Knöchel verletzt habe, dass sie vor der Partie nach eigener Aussage „fünf Voltaren“ nahm – ohne allerdings Trainer Sven Kahlert oder Mannschaftsarzt Hans-Joachim Kerger zu informieren. Der FFC-Coach wechselte die indisponierte Angreiferin („Ein Fehler, dass ich nicht ehrlich war“) noch vor der Pause aus und erfuhr erst danach von ihrem Handikap am Sprunggelenk. Dass das Glamourgirl hernach bei der Feier in der Club Lounge Nord mit ihrem Clan weitgehend unter sich blieb, sprach Bände. Kahlert kündigte Konsequenzen an: „Das werden wir zunächst intern besprechen.“ Das Endspiel der weiblichen Königsklasse findet gewiss ohne Deutschlands Fußballerin des Jahres statt – ob sie nun gesund wird oder nicht.