Die Kasse klingelt

FIFA Die Weltregierung des Fußballs beschließt nun endgültig: Die Weltmeisterschaft 2022 in Katar findet im November und Dezember statt. Und die Spitzenklubs erhalten eine hübsche Entschädigung

„Ein Krieg gegen die Fifa wäre möglich. Aber wer wird schon so weit gehen? Am Ende verdienen wir alle zusammen doch mehr“

EIN NICHT GENANNTER DEUTSCHER LIGAVERTRETER IN DER „FAZ“

VON MARTIN KRAUSS

Der Machtkampf ist vertagt. Nachdem klar war, dass die Fifa-Exekutive am gestrigen Freitag in Zürich entscheiden würde, die Fußball-WM 2022 bis zum 18. Dezember dauern zu lassen – je nach Lesart der katarische Nationalfeiertag oder der dritte Advent –, hatten sich die europäischen Profiligen zu Wort gemeldet. Mit Erfolg: Die Spitzenklubs erhalten nun 195 Millionen Euro Entschädigung dafür, dass die WM zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem üblicherweise die Liga spielt. Vorab hatte Karl-Heinz Rummenigge, Vorsitzender der European Club Association (ECA) und Vorstandsvorsitzender von Bayern München, gefordert: „Wir erwarten die seriöse Bereitschaft, den Schaden für die Klubs fair zu kompensieren.“

Am Freitag nun entschied das Fifa-Exekutivkomitee, der vielfältigen Kritik an der WM 2022 in Katar wenigstens in dem Punkt der sommerlichen Hitze zu entsprechen: Das Eröffnungsspiel soll dann wahrscheinlich am 20. November stattfinden, das Turnier 28 Tage dauern, und das Finale steigt am 18. Dezember.

Die Fifa will, das wurde in Zürich noch einmal deutlich, sich nicht davon aufhalten lassen, durch einen Termin im Winter (der meteorologisch genau genommen ein Termin im Herbst ist) ihre WM wie gewohnt als sportlich und medial hochwertiges Ereignis zu präsentieren.

Die europäischen Spitzenklubs begrüßen die nun vereinbarte Kompensation: Nicht nur für die WM in Katar, auch für 2018 in Russland werden jeweils 195 Millionen Euro an die Vereine gezahlt, die Spieler zum Turnier abstellen. Bei der WM 2014 in Brasilien waren es noch 65 Millionen Euro an Entschädigungen gewesen. Rummenigge sprach von einem „weiteren Meilenstein, den der europäische Klubfußball gesetzt hat“. Neben der finanziellen Kompensation sollen auch mehr Mitspracherechte der Spitzenklubs bei der Termingestaltung vereinbart worden sein. Rummenigges ECA sitzt nun in einer Arbeitsgruppe für den internationalen Spielkalender.

Eine höhere Geldsumme konnte die ECA nicht aushandeln, weil keine einzige europäische Liga bislang schon Fernseh- oder Sponsorenverträge für die Saison 2022/23 abgeschlossen hat. Einen konkreten Einnahmeausfall zu beziffern, war nicht möglich. Stattdessen steht den Klubs die Möglichkeit offen, mit dem Ligabetrieb auszuweichen.

Vereinzelt waren europäische Forderungen, die Katar-WM zu boykottieren, laut geworden. Zuletzt hatte Dietmar Hopp, milliardenschwerer Mäzen des Bundesligisten TSG Hoffenheim, die Vergabe als „Skandal“ bezeichnet. Auch der Präsident der Deutschen Fußball-Liga, Reinhard Rauball, kommentierte die Vergabe als Fehler, „daran ändern auch die nachträglich vorgenommenen einschneidenden Korrekturen nichts“. Die Verlegung der WM würde „größtenteils auf dem Rücken der Ligen und der Fans in Europa“ erfolgen.

Die Frankfurter Allgemeine zitiert einen ungenannt bleibenden Ligavertreter: „Ein Krieg gegen die Fifa wäre möglich. Aber wer wird schon so weit gehen? Am Ende verdienen wir alle zusammen doch mehr.“

Als dritter Akteur – neben Klubs und Weltverband – versuchte sich die Uefa in Stellung zu bringen. „Aber die Fifa muss jetzt die internationalen Termine der Nationalverbände schützen“, erklärte Michel Platini, Chef des europäischen Verbands. Er sprach davon, dass vier bislang geschützte Länderspieltermine betroffen sein könnten; die seien „die Lebensader der Nationalverbände“. Die Uefa dürfte im Machtkampf zwischen Fifa und europäischen Klubs der Verlierer sein. Nicht einmal Platinis Anliegen, das Finale für den 23. Dezember anzusetzen, damit sein teuerstes Verwertungsobjekt, die Champions League, noch bis in den Oktober hinein Fernsehgelder in die Uefa-Kassen spült, konnte er durchsetzen. Den Termin möglichst weit weg vom christlichen Weihnachtsfest zu halten – damit beispielsweise der lukrative Boxing-Day-Termin der englischen Premier League, ein traditioneller Spieltag am zweiten Weihnachtstag, stattfinden kann – war Konsens von Fifa und europäischen Klubs. „Der 18. Dezember ist in Ordnung für die Uefa, wir können die Änderungen für die Champions League vornehmen“, verkündete ein kleinlauter Platini in Zürich.