die taz vor 10 jahren über die absetzung der sendung „privatfernsehen“ von friedrich küppersbusch
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Die meisten Zuschauer, die sich da am Freitag abend in der ehemaligen Lagerhalle im Kölner Rheinau-Hafen eingefunden hatten, um Friedrich Küppersbusch und sein „Privatfernsehen“ live zu erleben, werden die wesentlichen Dinge gar nicht mitbekommen haben. Zum einen, daß die Kamera mehrfach ein in den trüben Fluten des Rheins dümpelndes Schiff ins Bild nahm, auf dem ein Transparent mit einem Stellengesuch prangte: „Junge, aufstrebende TV- Firma hat 1988 noch Termine frei.“ Es folgte die Nummer von Küppersbuschs Produktionsfirma „Pro Bono“. Zum anderen, daß die WDR-Sendung im Abspann ORB-Programmdirektor Volker von der Heydt gewidmet war.

Der Hintergrund der rätselhaften Botschaften: Am vergangenen Montag hatten die Programmdirektoren der ARD mit 11 zu eins Stimmen das Aus für die Sendung zum Jahresende beschlossen. Wo die ARD ihn nicht mehr will, will auch Küppersbusch, so erklärt er, die ARD nicht mehr. „Ich hab’ da nichts zurückzunehmen“, betont der Moderator nach der Sendung. Der Hintergrund dieser Trotzreaktion: Seit dem Sendestart tat der WDR nicht eben viel für die Show mit seinem avanciertesten Politjournalisten.

Ist etwa etwas dran an Friedrich Küppersbuschs Überzeugung, wonach die Absetzung nicht, wie offiziell verkündet, quotentechnisch, sondern ausschließlich politisch motiviert war („Damit ist die ARD optimal aufs Wahljahr vorbereitet.“)?

Möglich, daß eine kanzlerfreundlichere Sendung auch mit einer Million Zuschauer im ARD- Programm geblieben wäre. Andererseits hätte aber auch „Privatfernsehen“ mit einer Quote von zwei Millionen wahrscheinlich überlebt. Bei einem kommerziellen Sender auch mit weit weniger. Was dem Ganzen eine gewisse Tragikomik verleiht. Reinhard Lüke, taz v. 20. 10. 1997