Kommentar zu Österreich: Brandschutz mit Rassismus

Als Afrikaner lebt man in Österreich in ständiger Angst, ohne Anlass gefilzt zu werden. Solange die Politik ihre aggressive Strategie beibehält, werden Ausländer weiter pauschal verurteilt.

Wer kennt sie nicht, die Szenen aus Klamaukfilmen, wo erboste Tanten über nächtliche Ruhestörer vor dem Haus das Nachtgeschirr entleeren. In der Tiroler Metropole Innsbruck wurde dieses probate Mittel modernisiert und zur Dauereinrichtung gemacht. Eine Sprinkleranlage, wie sie eigentlich dem Brandschutz dient, soll die geschäftsstörende Präsenz von Nordafrikanern vor einem Laden und einer Fahrschule verhindern.

Die Polizei ist in der Regel schnell zur Stelle, wenn es gilt, gegen Ausländer einzuschreiten. Solange bei den Verdächtigen keine Drogen gefunden werden und sie gegen kein Gesetz verstoßen, können sie von öffentlichen Plätzen auch nicht vertrieben werden. Mediation, wie sie von der Wiener Polizei bei Streitigkeiten mit zugewanderten Nachbarn oft erfolgreich eingesetzt wird, scheint in Tirol noch nicht entdeckt worden zu sein. Wer zu Selbstjustiz oder wie in diesem Fall zu präventiver Selbsthilfe greift, kann sich der Zustimmung eines großen Teils der Öffentlichkeit und der Politik sicher sein. Denn was der UNO-Rassismusbericht an Österreich kritisiert, ist nicht zuletzt ein schlampiger Umgang mit Menschenrechten.

Anders als in Metropolen wie London oder Paris hat man sich in Wien noch immer nicht an dunkelhäutige Ausländer gewöhnt. Dank der Aktivitäten der nigerianischen Drogenmafia werden Afrikaner in Sippenhaftung genommen und pauschal als Drogendealer verdächtigt. Als Afrikaner lebt man in der beständigen Angst, ohne Anlass gefilzt zu werden. Wer sich gegen unsanfte Behandlung wehrt, hat schnell eine Anzeige wegen Körperverletzung am Hals. Polizisten, die vor drei Jahren einen Abschiebekandidaten brutal folterten, kamen mit lächerlichen Strafen davon. Die Polizisten, die 1999 den Schubhäftling Marcus Omofuma mittels Klebeband am Flugzeugsitz fixierten und damit dem Erstickungstod auslieferten, wurden freigesprochen. Solange die Politik in Ausländerfragen aggressiv bis bestenfalls defensiv reagiert, statt das friedliche Zusammenleben zu fördern, werden Aktionen wie die Innsbrucker Sprinkleranlage kein kurioser Einzelfall bleiben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.