AMBROS WAIBEL ZUM PROZESS UM DEN TOD VON DOMINIK BRUNNER
: Freiheit, Gleichheit, Sicherheit

Der Prozess um das Verbrechen an Dominik Brunner vor der Jugendkammer des Münchner Landgerichts steht derzeit im Fokus der Öffentlichkeit – zu Recht, denn es ist ein öffentliches Gut, um das es dabei geht.

Wie auch immer das Gericht am Ende die Frage, ob Dominik Brunner zuerst zugeschlagen hat oder nicht, beantworten und bewerten wird – hier geht es um eine Tat, die alle betrifft, die sich in der Öffentlichkeit frei bewegen wollen. Der Ort des Geschehens war die S-Bahn der drittgrößten Stadt Deutschlands, keine Dorfkirmes. Auf Letzteren ist es durchaus üblich, dass nach mehrtägigen Alkoholexzessen der ein oder andere auf der Strecke bleibt: Totschlag und Vergewaltigung gelten hier als Kollateralschäden des für Veranstalter und Gastronomen rentablen Volksvergnügens. Wer das Risiko nicht eingehen möchte, hält sich fern – so wie viele Münchner Bürger inzwischen dem Oktoberfest fernbleiben. Die S-Bahn kann man nicht meiden. Warum auch – wo man sie doch finanziert? Man muss sich verlassen können auf Auswahl, Ausbildung und Courage des Personals, auf die Solidarität der Mitreisenden, zusammengefasst eben darauf, dass wir in einer Gesellschaft leben, die noch eine ist, und nicht unter angstgestörten Monaden

Unterhält man sich mit den jungen Kreativen, die aus der ganzen Welt nach Berlin kommen, hört man insbesondere von Frauen, wie sicher sie sich in dem angeblichen Moloch fühlten, nachts, in der U-Bahn, doch zugegebenermaßen nicht in allen Vierteln: nämlich nicht dort, wo die Nazis den Ton angeben. Sicherheit ist Freiheit, und beides sind keine selbstverständlichen Güter. Man muss den Fall Brunner nicht überhöhen, um festzustellen: Den besten Schutz für den Einzelnen bietet eine Gesellschaft, die sich dessen bewusst ist. Daran kann uns Dominik Brunner immer erinnern.

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