Kommentar Berlusconi: Berlusconis Offensive

Immer wieder ist Berlusconi in den letzten 16 Jahren totgesagt worden - immer wieder feierte er Auferstehung. Genau dies droht auch jetzt.

Das müsste Italiens Linke doch freuen: Silvio Berlusconis Partei hat sich gespalten, die Rechtsregierung droht ihre Mehrheit im Parlament zu verlieren - baldige Neuwahlen würden damit unausweichlich.

Doch die wichtigste Oppositionskraft, die Demokratische Partei unter ihrem erst vor knapp einem Jahr gewählten Vorsitzenden Pier Luigi Bersani, zeigt sich angesichts dieser Perspektive merkwürdig verzagt. "Neuwahlen? Um Gottes willen!" - dies ist die unter den Parteigranden vorherrschende Meinung. So absurd es klingt: Sie haben recht. Immer wieder ist Berlusconi in den letzten 16 Jahren totgesagt worden - immer wieder feierte er Auferstehung. Genau dies droht auch jetzt.

Berlusconi war es, der seinem parteiinternen Gegenspieler Gianfranco Fini rüde die Tür wies - wohlwissend, dass es auf schnelle Neuwahlen hinausläuft. Es ist Berlusconi, der jetzt diese Entscheidung will, Berlusconi, der schon ein neues populistisches Feuerwerk plant, Berlusconi, der den endgültigen Sieg anstrebt. Und die Chancen stehen gar nicht so schlecht. Nicht nur haben die Demokraten ihre Niederlage im Jahr 2008 immer noch nicht verarbeitet, hat es ihr äußerst blasser Chef Bersani bisher nicht vermocht, die eigenen Anhänger aus ihrer Depression zu reißen. Schlimmer noch: Seit Monaten finden sich die Akteure des politischen Geschehens allein im Regierungslager - und mit Finis Nadelstichpolitik gegen Berlusconi schien es so, als wolle Italiens regierende Rechte gleich alle Rollen im Drama besetzen, auch die der Opposition.

Mit dem großen Knall, der jetzt Berlusconis "Volk der Freiheit" auseinanderreißt, droht Italiens Opposition zum reinen Zaungast auch der kommenden politischen Auseinandersetzungen zu werden - die denkbar schlechteste Voraussetzung für einen Revanchesieg gegen Berlusconi.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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