GEORG BALTISSEN ÜBER DIE ABSCHIEBUNG DER ROMA AUS FRANKREICH
: Widerliche Symbolpolitik

Es könnte durchaus sein, dass der eine oder andere Bumerang Herrn Sarkozy noch einholen wird

Präsident Nicolas Sarkozy steht das Wasser bis zum Halse. Die Franzosen sind mit seiner Politik unzufrieden – in einem gefährlichen Maße. Nur noch bei gut 30 Prozent liegt die Zustimmung der Wähler. Politische oder wirtschaftliche Erfolge haben Präsident und Regierung nicht vorzuweisen. Stattdessen haben sie sich selbst diskreditiert durch die Bettencourt-Affäre, illegale Parteienfinanzierung und verdeckte Geldübergaben. Viele Franzosen beschleicht das Gefühl, de facto einem System der Korruption und der Günstlingswirtschaft anheimgefallen zu sein. Selbst auf seinem ureigenen Terrain von Sicherheit und Ordnung kann der ehemalige Innenminister, der als „Kärcher der Nation“ ins Präsidentenamt gehievt wurde, keine spürbaren Ergebnisse vorzeigen. Die Kriminalstatistik desavouiert seinen „nationalen Krieg gegen die Kriminalität“ als wirkungslos.

In offensichtlicher Unfähigkeit, den gesellschaftlichen Problemen politisch beizukommen, greift die Regierung zu symbolischen Maßnahmen, die entschiedenes Handeln präsentieren sollen. „Raus mit den kriminellen, bettelnden und arbeitsscheuen Elementen“ – ist der Subtext der Massenabschiebungen der Roma nach Rumänien und Bulgarien. Solche Politik, die gezielt eine bestimmte Volksgruppe aufs Korn nimmt, erinnert fatal an die Grauen des Rassismus. Wie schon mit den verbalen Breitseiten gegen eingewanderte Muslime sucht die Politik Sündenböcke aus, an denen der Volkszorn sein Mütchen kühlen kann.

Diese Politik will Wähler am rechten Rand einfangen und läuft doch Gefahr, dass diese sich lieber gleich für das Original, den Front National von Le Pen, entscheiden. Zumal jetzt, da alle wissen, dass der Name Sarkozy ein sehr geläufiger Familienname unter den Roma ist. Und dass der Präsident, dessen Vorfahren aus Ungarn stammen, vielleicht selbst ein Roma ist. Es könnte durchaus sein, dass der eine oder andere Bumerang Herrn Sarkozy politisch noch einholen wird.

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