Kommentar Missbrauchsopfer: Kein Ablass-Handel

Die geplante Entschädigung ist mit 5.000 Euro sehr gering, doch immerhin haben sich die Jesuiten damit als Erste überhaupt zu materiellen Entschädigungen durchgerungen.

Aber gib nicht alles auf einmal aus!" Man sieht es vor sich, wie ein lächelnder Jesuitenpater seinem ehemaligen Lustknaben einen Scheck über 5.000 Euro in die Hand drückt und ihm dabei aufmunternd die Schulter klopft.

Etwa diese Summe wollen die Jesuiten an ihre Opfer als Entschädigung für Misshandlung und lebenslange Traumatisierung auszahlen. Ein guter Deal für die Geistlichen.

Hätten sie sich Strichjungen auf dem freien Markt organisieren müssen, wäre das erheblich teurer gekommen. Aber rein materiell kann man das nicht sehen, wie Provinzial Stefan Kiechle betont, der Orden dürfe nicht den Eindruck erwecken, Geld könne etwas ungeschehen machen.

ist Autor der taz und Blogger auf taz.de.

Da kann man die Brüder beruhigen: Dieser Eindruck wird gerade noch vermieden. "Die Geste", so Kiechle, "bleibt klein und bruchstückhaft, ist ein Zeichen unserer Ohnmacht angesichts des Leids." Wären da aber 500 oder 50 Euro nicht ein noch viel eindrucksvolleres Zeichen der Ohnmacht gewesen?

Immerhin aber haben die Jesuiten nicht nur als Erste die Mauer des Schweigens durchbrochen, sondern sich nun auch überhaupt zu einer materiellen Entschädigung bekannt. Was dem Rest der deutschen katholischen Geistlichkeit bislang noch nicht gelungen ist.

Vermutlich war man zu sehr damit beschäftigt, die Reise des Papstes ins heidnische Großbritannien vorzubereiten, das es zu missionieren gilt wie einstmals andere Inseleingeborene.

Aber auch bei den Bemühungen um eine Rechristianisierung der Briten ist der Vatikan klüger geworden: Fielen die früheren Missionare der Kirche finanziell noch ordentlich zur Last, lässt man heute die Briten lieber selbst für ihre potenzielle Bekehrung zahlen: 12 Millionen Euro kostet den britischen Steuerzahler der Besuch des Papstes. Eine Summe, mit der man den 200 Missbrauchsopfern der Jesuiten statt 5.000 immerhin 60.000 Euro auszahlen könnte. Das hätte aber einen ganz falschen Eindruck erweckt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.