Kommentar Laizisten in der SPD: Die unvollendete Säkularisierung

Die Laizisten in der SPD wollen Subventionen an die Kirche kürzen. Damit ziehen sie sich schon vor der Gründung des Arbeitskreises den Zorn der Christen-Lobby auf sich.

Das wurde ja langsam mal Zeit. Auch wenn Christian Wulff mit seinen ersten beiden Reden als Bundespräsident zweifellos einen großen Beitrag zur Integration in Deutschland geleistet hat - irgendetwas fehlte ja bei seiner Aufzählung der christlich-jüdischen und islamischen Bestandteile der Bundesrepublik. Ach ja, das waren unter anderem die Konfessionslosen und Atheisten. Und das, obwohl sie längst ein geschätztes Drittel der Bevölkerung stellen.

Gut, dass sich in der SPD nun ein Arbeitskreis bilden soll, der deren Stimme mehr Gehör verschaffen und auf eine stärkere Trennung von Staat und Religion dringen will. Seinen Initiatoren schwebt nicht nur vor, religiöse Symbole wie das Kruzifix künftig aus Schulen, Gerichten und Krankenhäusern zu verbannen und den Gottesbezug aus der Verfassung zu streichen. Sondern auch, die Privilegien und die massive staatliche Subventionierung der Kirchen anzutasten. Diese Forderungen kommen zweifellos einer kleinen Kulturrevolution gleich.

Für viele in der SPD sind sie ein Sakrileg. Seit dem Godesberger Programm von 1959 hat sie sich den Kirchen angenähert, Protestanten wie Johannes Rau und Erhard Eppler haben ihr Profil maßgeblich geprägt. Die Ost-SPD wurde 1989 sogar in einem evangelischen Pfarrhaus gegründet, weshalb sich in ihren Reihen auffällig viele Theologen finden.

Die Laizisten in der SPD haben deshalb den Zorn der Christen-Lobby auf sich gezogen, noch bevor sie sich überhaupt zum Arbeitskreis formieren konnten.

Dabei stoßen sie eine überfällige Debatte an: Wie viel Religion verträgt Deutschland? Angesichts eines zunehmend stärker sichtbar werdenden Islam und christlicher Kirchen, die sich dadurch in ihrem Sendungsbewusstsein noch gestärkt sehen, treibt diese Frage derzeit viele Menschen um.

Doch bislang gibt es keine Partei, die darauf ernsthaft eine Antwort weiß. Höchste Zeit also, dass sich jemand mal auf die Fahnen schreibt, die unvollendete Säkularisierung der Bundesrepublik zu vollenden.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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