Kommentar Telekoms US-Sparte : Rückzug aus teurem Abenteuer

Die transatlantische Expansion war ein Flop für die Telekom. Doch reiner Rückzug ist noch keine Strategie. Statt zu investieren, betreibt der Konzern gezielte Kurspflege.

Aktionäre neigen zwar zum irrationalen Herdentrieb, aber manchmal sind sie schlau. Ihr Instinkt hat sie jedenfalls nicht getrogen, als es um eine der großen Fusionen in der Telekom-Geschichte ging. Kaum wurde im Juli 2000 bekannt, dass der Bonner Konzern das US-Mobilfunkunternehmen Voicestream kaufen wolle, da verlor die Telekom-Aktie mehr als zehn Prozent - an einem Tag. Die Investoren glaubten einfach nicht daran, dass sich dieser Milliardendeal lohnen würde.

Was die Aktionäre schon vor zehn Jahren wussten, hat auch das Telekom-Management eingesehen. Es verkauft seine US-Mobilfunksparte wieder, diesmal an die amerikanische AT & T. Rund 27,5 Milliarden Euro wird die Telekom dafür kassieren. Das klingt stattlich - und ist doch deutlich weniger als jene knapp 40 Milliarden Euro, die Voicestream einst gekostet hat.

Die transatlantische Expansion war ein Flop für die Telekom. Aber was nun? Reiner Rückzug ist ja noch keine Strategie. Doch die Telekom scheint ratlos zu sein, wie sie die Milliarden sinnvoll investieren kann, die durch den Verkauf des US-Geschäfts frei werden. Stattdessen entscheidet sich das Management für das Einfachste - und konsolidiert. Man zahlt vor allem Schulden zurück und kauft eigene Aktien auf. Die Telekom investiert also nicht in neue Produkte, sondern verbessert das Verhältnis zwischen eingesetztem Kapital und operativem Gewinn. Oder anders: Pro Aktie fällt künftig mehr Ertrag an.

Solche Nachrichten lieben die Investoren; die Telekom-Aktie legte bis Montagmittag um etwa 14 Prozent zu. Der Telekom ist nicht zu verdenken, dass sie gezielte Kurspflege betreibt. Denn die Aktie hat es nötig, die bei rund 10 Euro dümpelt. Trotzdem wird sich irgendwann die Frage stellen: Und wo bleiben die Investitionen in die Zukunft?

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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