Kommentar Grüner Leitantrag zur Eurokrise: Staatstragend wie die CDU

Wie beim Atomausstieg geht es den Grünen in der Eurokrise: Sie fordern nur das, was auch anderen Parteien einfällt. Ihnen fehlt das Alleinstellungsmerkmal.

Wie beim Atomausstieg geht es den Grünen in der Eurokrise: Sie fordern nur das, was auch anderen Parteien einfällt. Ihnen fehlt das Alleinstellungsmerkmal. Der Euro-Leitantrag für den Sonderparteitag war gut geschrieben und durchdacht - überraschend oder besonders weitreichend war er nicht.

Ein paar Beispiele: Die Grünen fordern, dass die Griechen ihre Militärausgaben senken sollen, was zwei Milliarden Euro im Jahr bringen würde. Darauf sind alle anderen Parteien allerdings auch schon gekommen. Die Grünen wollen, dass die bewilligten EU-Strukturmittel ausgezahlt werden, auch wenn die Kofinanzierung aus Griechenland fehlt. Auf diesen naheliegenden Gedanken ist selbst EU-Kommissar Barroso inzwischen gekommen.

Die Grünen finden, dass Griechenland dringend ein Grundbuch benötigt, um den Immobilienbesitz wirksam zu besteuern. Das hat der Internationale Währungsfonds auch schon erkannt - und längst entsprechende Experten nach Griechenland geschickt.

Die Grünen favorisieren eine Finanztransaktionsteuer, was neuerdings die CDU ebenfalls für eine gute Idee hält. Und schließlich sind die Grünen für eine "sanfte Umschuldung", womit sich Finanzminister Schäuble gerade sehr unbeliebt in der Eurozone gemacht hat.

Manche grüne Vorschläge gehen durchaus weiter als die Ideen der konservativen Konkurrenz. So fordern die Grünen eine europaweite Vermögensabgabe; sie wollen eine demokratische Kontrolle des Euro-Rettungsfonds; sie sind gegen eine schrankenlose Privatisierung in Griechenland.

Aber diese Details gehen fast unter im staatstragenden Gesamtstil des Leitantrags. Zurück bleibt der Eindruck, dass die Grünen niemanden überfordern wollten: weder ihre Wähler noch ihre potenziellen Koalitionspartner nach der Bundestagswahl 2013.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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