Kommentar Internethetze gegen Muslime: Verfassungsschutz ist nutzlos

Kann es richtig sein, dass die Linkspartei im Bund und manchen Ländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, aber nicht die tägliche Hetze gegen Muslime?

In Norwegen tötete ein radikaler Islamfeind knapp achtzig Menschen, um ein Fanal zu setzen. Seine Ideologie hat er in einem rund 1.500-seitigen Manifest niedergelegt, das zu wesentlichen Teilen aus islamfeindlichen Blogs kopiert wurde. Dennoch verzichtet der Verfassungsschutz nach wie vor darauf, solche Blogs zu beobachten.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn der Verfassungsschutz gewaltfreie Aktivitäten in Ruhe lässt. Es ist eine Manipulation der freien politischen Debatte, wenn der Staat via Verfassungsschutz Meinungen sortiert und klassifiziert. Solange es den Verfassungsschutz aber gibt und sich Bürger, Medien und Institutionen an seinen Wertungen orientieren, muss dessen Handeln auch immanent kritisiert werden.

Kann es also richtig sein, dass Die Linke im Bund und manchen Ländern beobachtet wird, während die tägliche Hetze gegen Muslime kein Beobachtungsobjekt darstellt? Ist das kapitalistische Eigentum in der Wirtschaft schützenswerter als Leben und Sicherheit von Teilen der hier lebenden Menschen?

Blogs wie "politically incorrect" beschreiben nicht nur Integrationsprobleme, was völlig legitim ist, sondern sie präsentieren Muslime als gefährliche Fremdkörper, die einer angeblich verbrecherischen Religion den Weg bereiten. Sie warnen vor einer scheinbar übermächtigen Bedrohung, einer muslimischen Machtübernahme, einem Bürgerkrieg. Diese Hetze erinnert fatal an den Antisemitismus und ist deshalb alles andere als harmlos. Wer darin keine Bedrohung des friedlichen Zusammenlebens in Deutschland sieht, muss schon ziemlich blind sein.

Wieder einmal zeigt sich, dass der Verfassungsschutz gegen die gefährlichsten Bedrohungen - die aus der Mitte der Gesellschaft kommen - völlig nutzlos ist.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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